Aktienanleihen - Vermögensverwalter beantworten die vier wichtigsten Fragen

Aktienanleihen - Vermögensverwalter beantworten die vier wichtigsten Fragen


Aktienanleihen können für Anleger vor allem in Zeiten, in denen die Aktienmärkte seitwärts tendieren, eine starke Alternative sein. Fünf erfahrene Vermögensverwalter zeigen im Interview mit unserer Redakteurin Laura Kirsner, welche Strategie dabei sinnvoll ist und worauf Anleger beim Investieren in Aktienanleihen achten sollten.

Sind Aktienanliehen aus Ihrer Sicht sinnvolle Anlageprodukte? Warum gibt es diese Konstrukte überhaupt?  

Stephanie Schimmer, Portfoliomanagerin TOP Vermögen AG, Starnberg:

Aktienanleihen sind eine Form von strukturierten Finanzprodukten, die eine feste Zinszahlung mit einer möglichen Aktienlieferung am Ende der Laufzeit verbinden. Wenn Sie eine Aktienanleihe besitzen, bekommen Sie keine Dividende von der zugrunde liegenden Aktie. Das liegt daran, dass Sie bei einer Aktienanleihe kein Eigentümer der Aktie sind, sondern nur ein Gläubiger des Emittenten. Sie erhalten stattdessen einen festen Zinskupon, der in der Regel höher ist als die Dividendenrendite der Aktie. Allerdings müssen Sie auch das Risiko in Kauf nehmen, dass Sie am Ende der Laufzeit statt des Nominalbetrags die Aktien geliefert bekommen, wenn deren Kurs unter dem Basispreis liegt.

Hier muss man die Vorteile und Nachteile sorgfältig abwägen, eine pauschale Aussage ist nicht möglich.

Vorteile sind:

  • Sie bieten eine höhere Verzinsung als herkömmliche Anleihen und auch als die Dividende der zugrunde liegenden Aktie
  • Sie ermöglichen eine Partizipation auch an seitwärts tendierenden Aktienkursen bis zu einem bestimmten Basispreis
  • Sie bieten eine gewisse Sicherheitsmarge gegenüber fallenden Aktienkursen, da der Basispreis im Normalfall unter dem aktuellen Kurs liegt

Nachteile sind:

  • Kursrisiko, wenn der Aktienkurs am Ende der Laufzeit unter dem vereinbarten Basispreis liegt. In diesem Fall muss der Anleger die Aktien zu einem höheren Preis als dem Marktpreis übernehmen
  • Begrenzte Laufzeit, fehlende Flexibilität
  • Emittentenrisiko
  • Keine Dividendenzahlung

Ich halte Aktienanleihen für ein sinnvolles Anlagekonstrukt, allerdings nur als Beimischung, wenn ich bereit bin, die Aktie zum Basispreis zu kaufen, aber zeitgleich von den höheren Anleihezinsen profitieren möchte, als Renditekick fürs Depot.

Aktienanleihen existieren, weil sie sowohl für Emittenten als auch für Anleger Vorteile bieten.  Für Emittenten sind Aktienanleihen eine Möglichkeit, Kapital zu beschaffen oder Kurssicherungen für eigene Aktien vorzunehmen.

Für Anleger sind Aktienanleihen eine Möglichkeit, höhere Renditen zu erzielen, da die Zinszahlungen im Regelfall höher sind als die Dividenden des Basiswerts.

Jürgen Mehrbrei, Geschäftsführer UNIKAT Gesellschaft für Finanz-Management und Vermögensverwaltung mbH, Mannheim:

Für Anleger, die von seitwärts laufenden Aktienmärten ausgehen, kann der Kauf einer Aktienanleihe ein sicherer und renditeoptimierender Depotbaustein sein. Eine Aktienanleihe ist in der Regel mit einem Festen Zinskupon ausgestattet. Sollte sich die Aktien, auf die sich die Aktienanleihe bezieht, während der Laufzeit innerhalb eines vordefinierten Korridors bewegen, erhält der Anleger am Ender der Laufzeit sein eingesetztes Kapital nebst dieser fixen Auszahlung zurück. Anleger können somit trotz seitwärts laufender Aktienkurse ordentliche Renditen erwirtschaften.

Die Rückzahlung einer Aktienanleihe erfolgt entweder zu 100% des eingesetzten Kapitals in Geld oder – bei Berührung oder Unterschreiten einer definierten Kursschwelle – in Aktien. Für den Fall einer Rückzahlung in Aktien ist das Bezugsverhältnis bereits beim Kauf der Aktienanleihe bekannt

Nicolas Pilz, Geschäftsführer Societas Vermögensverwaltung GmbH, Düsseldorf:

Für den Privatanleger sind Aktienanleihen ungeeignet, da sie letztlich eine Wette auf eine Kursentwicklung bis zu einem festgelegten Fälligkeitstag sind. Nur der Kurs zum Stichtag entscheidet, ob der Anleger mit Gewinn aus dem Investment kommt oder ob er final die Aktien des zu Grunde liegenden Basiswertes eingebucht bekommt. Das Chance-Risiko-Verhältnis ist unserer Meinung nach häufig nicht ausgeglichen. Aktienanleihen sind in der Regel nur sinnvoll, wenn man von einer Seitwärtsbewegung bis zum Stichtag der zugrundeliegenden Aktie ausgeht bzw. nur eine leichte Auf- oder Abwärtsbewegung erwartet, so dass der im Vergleich zu einer klassischen Anleihe bezahlte höhere Zins in diesem Fall einen finanziellen Vorteil verschafft.

Infografik: Süddeutsche besonders engagiert am Aktienmarkt | Statista Quelle: Statista

Für welche Anleger kommen sie infrage?

Stephan Witt, Anlagestratege der FiNUM.Private Finance AG, Berlin:

Wenn man grundsätzlich in die Aktien eines Unternehmens investieren will, aber zunächst die weiteren (Kurs-)entwicklungen oder Marktbewegungen abwarten möchte, kann ein Investment in eine Wandelanleihen reizvoll sein. Bei der Wandelanleihe hat der Anleger die Chance bei einem geringen Risiko die weitere Entwicklung zu beobachten und bekommen dafür noch etwas Zinsen.

Bei einer Aktienanleihe bekommt man sehr attraktive Zinsen, habe aber auch ein höheres Risiko bei stark fallenden Aktienkursen und gedeckelte Gewinnchancen. Die Anleger von Aktienanleihen gehen also von einem Markt ohne große Kursschwankungen  aus und wollen von den sehr guten Zinsen der Anleihe profitieren. Für eine langfristige Vermögensanlage sind Aktienanleihen nicht geeignet.

Andreas Görler, sen. Wealth Manager, zert. Fachmann für nachhaltige Investments, –Wellinvest- Pruschke & Kalm GmbH, Berlin:

Es sollte sich stets um aktienaffine Anleger handeln, da bei Fälligkeit auch Aktien ins Depot gebucht werden können. Das geschieht dann, wenn die Aktie unter der festgelegten Schwelle liegt, Dann erfolgt keine Kapitalrückzahlung, sondern die Lieferung der zugrundeliegenden Aktien nach einem festen Bezugsverhältnis. Dieses Bezugsverhältnis errechnet sich durch den Nennwert dividiert durch den Basispreis.

Die Zinsen bekommen Anleger aber in jedem Fall ausgezahlt. 

Leider kommt es immer noch vor, dass Anleger, die eigentlich auf Anleihen fokussiert sind solche Papiere kaufen, da der Zinssatz deutlich höher sein kann als der marktübliche Zinssatz für Anleihen mit guter Bonität. Hier gibt es regelmäßig Stress, wenn am Ende Aktien im Kundendepot landen. Meist passiert das dann auch in schwachen Börsenphasen, die auch noch eine Zeit lang anhalten. Das tolerieren klassische Anleihekäufer meist nicht.

Nicolas Pilz, Geschäftsführer Societas Vermögensverwaltung GmbH, Düsseldorf:

Grundsätzlich sollten Aktienanleihen nur für erfahrende Anleger zum Einsatz kommen, die sehr genau abschätzen können, wie sich eine Aktie bis zum Fälligkeitstag entwickeln könnte. Sonst bleibt das Investment ein Blindflug und Anleger sind besser beraten, wenn sie ganz klassisch die Aktie oder auch die Anleihe des Unternehmens erwerben.

Von welchem Marktszenario gehe ich aus, wenn ich in Aktienanleihen investiere?

Jürgen Mehrbrei, Geschäftsführer UNIKAT Gesellschaft für Finanz-Management und Vermögensverwaltung mbH, Mannheim:

Wenn man in eine Aktienanleihe investiert, geht man davon aus, dass sich der Kurs der zugrundeliegenden Aktie in den nächsten Monaten nicht stark nach oben oder unten verändern wird. Man geht also von einem Seitwärtstrend aus.

Neben der Bonität des Emittenten und Veränderungen der Marktzinsen, die zu steigenden oder fallenden Kursen einer Aktienanleihe beitragen, wird ihr Kurs insbesondere von der Entwicklung des Basiswertes (= die zugrundeliegende Aktie) beeinflusst.

Interessant können Aktienanleihen auf Unternehmen sein, die einen langen Kursrückgang hinter sich haben und nun in eine langfristige Bodenbildung übergehen. So bieten aus unserer Sicht aktuell Aktienanleihen auf BASF, Porsche Holding, Fresenius, Danone oder Continental ein sehr interessantes Change-Risiko-Verhältnis.

Michael Huber, Vermögensverwalter der WEALTHGATE GmbH Family Office, Schwäbisch-Hall:

Anleger, die in Aktienanleihen investieren, rechnen mit einem moderat steigenden oder moderat fallenden Kurs des zugrunde liegenden Basiswertes.

Dafür erhält der Anleger einen höheren Zinskupon als beim Investment in konventionellen Anleihen, erhält jedoch keine Dividendenzahlungen während der Investitionsphase.

Marc Gabriel, Vermögensverwalter bei Oberbahnscheidt & Cie, Kleve:

Man setzt auf gleichbleibende bzw. steigende Aktienkurse des Basiswertes. Fällt der Basiswert jedoch, so trägt man das volle Risiko des Kursverlustes. Da droht dann oftmals eine böse Überraschung.

Sind alle Emittenten von Aktienanleihen gleichermaßen gut und solide?

Burkhard Wagner, Vorstand Partners Vermögensmanagement AG, München

Nein – selbstverständlich nicht. Die CS-fast-Pleite hat es wieder gezeigt. Hier herrschen große Unterschiede. Anleger sollten auf alle Fälle sehr solvente Emittenten wählen.

Zudem sollte man auch prüfen, ob während er Laufzeit der Aktienanleihe der Emittent für einen relativ professionalen Handel seiner Anlageprodukte sorgt.

Ansonsten steigt in unruhigen Zeiten der Spread für den Börsenhandel dramatisch an.

Stephanie Schimmer, Portfoliomanagerin TOP Vermögen AG, Starnberg:

Nein, nicht alle Emittenten von Aktienanleihen sind gleichermaßen gut und solide. Die Bonität des Emittenten ist ein wichtiger Faktor, den Anleger vor dem Kauf einer Aktienanleihe beachten sollten. Die Bonität eines Emittenten wird oft von unabhängigen Rating-Agenturen wie Standard & Poor’s, Moody’s oder Fitch bewertet. Diese Agenturen vergeben Buchstaben-Codes, die die Kreditwürdigkeit des Emittenten widerspiegeln. Zum Beispiel bedeutet ein AAA-Rating, dass der Emittent eine sehr hohe Bonität hat, während ein D-Rating bedeutet, dass der Emittent bereits zahlungsunfähig ist oder kurz davorsteht.

Die Bonität des Emittenten beeinflusst auch den Zinssatz, den er für die Aktienanleihe zahlen muss. Je höher das Risiko, dass der Emittent ausfällt, desto höher muss er den Anlegern einen Zins anbieten, um sie zum Kauf der Anleihe zu bewegen. Das heißt aber auch, dass eine hohe Rendite einer Aktienanleihe nicht nur von der Entwicklung des Basiswerts (der Aktie), sondern auch von der Bonität des Emittenten abhängt. Anleger sollten daher nicht nur auf die Zinsen einer Aktienanleihe schauen, sondern auch auf das Emittentenrisiko.

Dieses Risiko besteht darin, dass der Emittent insolvent wird und die Anleihe nicht mehr zurückzahlen kann. In diesem Fall droht dem Anleger ein Totalverlust seines eingesetzten Kapitals. Um dieses Risiko zu minimieren, sollten Anleger nur Aktienanleihen von Emittenten mit einer guten oder sehr guten Bonität kaufen und ihr Portfolio diversifizieren.

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