
"Steuerliche Auswirkungen sollten nie im Vordergrund einer Anlagestrategie stehen"

Welche Maßnahmen machen sowohl aus Sicht der Anlagestrategie als auch möglicher steuerlichen Auswirkungen in einem Depot Sinn – und das nicht nur zum Jahresende?
Dr. Jürgen Drescher: Mögliche steuerliche Auswirkungen sollten nie im Vordergrund einer Anlagestrategie bzw. einer Anlageentscheidung stehen.
Wenn man sich eh von verschiedenen Wertpapieren mit Buchverlusten trennen möchte, kann es durchaus Sinn ergeben, diese Maßnahmen vor Jahresende durchzuführen, sofern man entsprechende Buchgewinne dagegen realisieren kann.
Ich warne in diesem Zusammenhang explizit davor, Wertpapiergattungen zu veräußern, um diese zeitnah zurückzukaufen. Hier sehen die Finanzbehörden häufig einen Umgehungstatbestand gemäß Abgabenordung (§ 42 der AO regelt den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten zum Zwecke der Steuerumgehung oder Steuerverkürzung).
Macht es Sinn, das Depot jetzt aufzuräumen und Kursverluste zu sichern bzw. mit Kursgewinnen zu verrechnen?
Dr. Drescher: Generell ist es sinnvoll, das Depot regelmäßig auf die enthaltenen Werte zu überprüfen – unabhängig steuerlicher Betrachtungen. Die Verlustverrechnung kann ein hinzukommender Impuls sein. Wichtig ist, dass man an die im Depot verbuchten Werte glaubt bzw. von dessen Wertsteigerung überzeugt ist.
Muss jetzt der Freibetrag angepasst werden?
Dr. Drescher: Der Sparer-Freibetrag in Höhe von 801 € bzw. 1.602 € – bei zusammen veranlagten Ehegatten – kann auf mehrere Institute verteilt werden. Wird der Freistellungsauftrag rechtzeitig eingereicht, können die steuerpflichtigen Kapitalerträge bis zur jeweiligen Höhe ohne Steuerabzug ausgezahlt werden. Somit kann man jetzt zu Jahresende prüfen, bei welchen Institut noch nicht ausgeschöpfte Freibeträge existieren und diese entsprechend anpassen. Über die Jahressteuererklärung der Einkommensteuer erfolgt dieser Abzug aber auch – halt mit entsprechender Verzögerung.
Ab 2023 steigen die Freibeträge auf 1.000 € bzw. 2.000 € bei zusammen veranlagten Ehegatten.
Was ist mit Optionsgeschäften? Lassen die sich mit Aktien-Kursgewinnen verrechnen?
Dr. Drescher: Seit dem 01.01.2021 gelten neu gesetzliche Bestimmungen zur Verlustverrechnung. Bislang galt, dass man Verluste aus Kapitalgeschäften mit Gewinnen dieser Art allgemein verrechnen durfte. Doch nun unterscheidet man auch, um was für Finanzinstrumente es hierbei geht. Genauer gesagt geht es hierbei um eine Unterscheidung zwischen Kapitalanlagen in Aktien (sowie anderen, ähnlichen Wertpapieren) und Termingeschäften. So kann man jetzt nur noch Gewinne aus Termingeschäften mit gleichartigen Verlusten verrechnen. Außerdem gibt es eine Begrenzung der jährlich auf diese Weise verrechenbaren Verluste auf EUR 20.000. Dabei stellt ein neues BMF-Schreiben klar, dass weder Optionsscheine noch Knock-out-Zertifikate zu den Termingeschäften zählen. Alternativ kann es sinnvoll sein, eine vermögensverwaltende GmbH hierfür zu etablieren. Denn die Verlustverrechnung im Rahmen einer vermögensverwaltenden GmbH ist auch weiterhin möglich.
Bei steuerlichen Überlegungen ist es immer sinnvoll einen steuerlichen Berater hinzuziehen, da wir als Vermögensverwalter keine Rechts- und keine Steuerberatung durchführen dürfen.
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