
Investieren für die Ewigkeit – wie Stiftungsvermögen der Inflation trotzen
Es gibt in Deutschland 25 254 Stiftungen bürgerlichen Rechts und die Zahl steigt. Allein im letzten Jahr kamen 693 dazu. Rund 90 Prozent verfolgen einen gemeinnützigen Zweck und gemeinsam verfügen sie dafür über geschätzt 100 Milliarden Euro. Das wurde möglich, weil irgendwann großzügige Gönner einen Teil ihres Vermögens abgaben, um damit etwas Gutes zu tun. Das funktioniert im Idealfall quasi für die Ewigkeit. Zumindest reichen die ältesten noch existierenden Stiftungen hierzulande bis ins 10. Jahrhundert zurück. Die wohl bekannteste alte Stiftung, die Sozialsiedlung „Fuggerrei“ in Augsburg, hat es zum Beispiel geschafft, dass das Vermögen der berühmten Kaufmannsfamilie auch nach über 500 Jahren noch gemeinnützig wirken kann. Aber wie gelingt es Stiftungen, Kapital über Jahrhunderte zu erhalten, trotz Kriegen, Krisen und Geldentwertung? Was unterscheidet sie von ganz normalen Sparern und was können heutige Anleger von ihnen lernen?
Langfristig denken
„Stiftungen haben bei ihren Anlagen grundsätzlich keine kurzfristige Ausrichtung“, sagt Andreas Glogger, Geschäftsführer und Inhaber bei der GLOGGER & PARTNER Vermögensverwaltung GmbH mit Standorten in Krumbach und Stuttgart. Ihnen ist die finanzielle Nachhaltigkeit meist wichtiger als die reine Rendite, „allerdings ist der reale Kapitalerhalt nach Inflation klare Zielgröße.“ Hierzu eignen sich für Stiftungen laut dem Experten aktuell konservative Qualitätsaktien und Immobilien sowie festverzinsliche Unternehmensanleihen. „Der reale Kapitalerhalt sollte auch für normale Anleger die Grundprämisse sein, um nicht das Vermögen zu schmälern“, sagt Finanzfachmann Glogger. Mittel der Wahl sind dafür Sachwertanlagen, also zum Beispiel die Investition in Produktivvermögen von Unternehmen durch den Kauf von Aktien. Aber passen die schwankenden Kurse an der Börse und die Sicherheitsbedürfnisse von Stiftungen wirklich zusammen?
Investieren statt spekulieren
Auch Michael Thaler von der TOP Vermögen AG aus München sieht das nicht anders: „Um die Wirkmächtigkeit des Stiftungskapitals zu erhalten und laufend zur Erfüllung des Stiftungszwecks beizutragen, muss das Ziel der Anlagepolitik ein realer Ertrag sein.“ Natürlich ist das im aktuellen Umfeld leichter gesagt als getan, aber Stiftungen denken in längeren Zeiträumen. Deswegen setzen sie immer öfter nicht nur auf traditionelle Anlageklassen wie Immobilien oder Staatsanleihen, sondern eben auch auf Aktien. Das wird sich künftig eher noch verstärken, denn ab Juli diesen Jahres tritt die Stiftungsrechtsreform in Kraft, die Anlageverantwortlichen noch etwas mehr Spielraum geben wird. „Die Beteiligung insbesondere an Unternehmen, die höhere Kosten mit höheren Preisen ausgleichen können, sollte dazu beitragen, Kapital real zu erhalten“, erklärt TOP Vermögen AG-Fachmann Michael Thaler. Aber Stiftungen haben dabei höchste Ansprüche, die sich grob in folgender Grundregel zusammenfassen lässt: Ein Unternehmen, von dem man in fünf Jahren keine Anteile im Depot haben will, sollte man auch nicht für nur fünf Sekunden kaufen. Privatanleger sind gerade in Zeiten von immer einfacheren Handels-Apps versucht, auf kurzfristige Chancen zu spekulieren und gehen im Jagdfieber dann zu hohe Risiken ein. Sie kaufen Hoffnung statt Qualität, das würde eine Stiftung nicht machen.
Allerdings erfordert es viel Zeit und Fachwissen, Unternehmensmodelle und Märkte über Jahre zu bewerten und hier eine vernünftige Auswahl zu treffen. Größere Stiftungen haben dafür oft ganze Abteilungen oder nutzen den Service spezialisierter Vermögensverwalter, kleinere setzen dagegen eher auf Stiftungsfonds, die entsprechend gemanagt werden. Diese Produkte gibt es von einer ganzen Reihe von Anbietern und mit jeweils etwas unterschiedlichen Konzepten. Sie haben den Vorteil, dass auch kleinere Summen breit gestreut im Sinne einer Stiftung angelegt werden können, ohne großen Verwaltungsaufwand. Manche können sich auch Privatanleger ohne große Mindestinvestitionshürden ins Depot legen (Beispiele s. Tabelle). „Grundsätzlich sollte aber jeder, egal ob Stiftung oder Privatanleger, hier vorher die Zeit investieren, um den Fondsansatz zu verstehen und zu prüfen, ob das alles zu den eigenen Zielen passt,“ rät Michael Thaler. Denn gerade wer sich finanziell eher für Jahre oder sogar eine kleine Ewigkeit binden möchte, sollte lieber ein paar Stunden zu viel als zu wenig überlegen.
Interview mit Michael Thaler: „Stifter sollten eine gute Anlagestrategie haben“

Was braucht man, um eine eigene Stiftung zu gründen?
Thaler: Zunächst eine gute Idee, was durch die eigenständige Stiftung erreicht werden soll. Außerdem wäre ein Grundstock von mindestens 500.000 Euro sinnvoll, um eine kosteneffiziente Verwaltung tragen zu können. Mit Hilfe eines Anwalts kann dann eine gute Satzung aufgestellt werden, die von der Stiftungsaufsicht genehmigt und aus der die Gemeinnützigkeit für das Finanzamt ersichtlich wird.
Wenn das Kapital nicht ausreicht, um eine eigene Stiftung zu gründen, was kann man dann tun?
Thaler: Hier kann es eine interessante Idee sein, sich eine bestehende Stiftung auszusuchen, die zu den eigenen Zielen passt, und eine Zustiftung zu machen, was Aufwand und Kosten erheblich reduziert. Eine andere Option wäre eine Treuhandstiftung, die auch unselbständige Stiftung genannt wird. So etwas ist in der Verwaltung deutlich kostengünstiger als eine eigenständige Stiftung und kann auch schon bei kleineren Beträgen Sinn machen. Zusätzlich kann es eine praktikable Idee sein festzulegen, dass das Stiftungskapital in einem gewissen Rahmen verbraucht werden soll. So kann in einem absehbaren Zeitraum mehr bewirkt werden und der Stifter kennt das dafür zuständige Personal in den Gremien in der Regel noch persönlich.
Welchen Fehler sollten Stifter bei der Gründung vermeiden?
Thaler: Wird der Stiftungszweck zu eng gefasst, kann das in der Zukunft zu Problemen führen. Ein typisches Beispiel ist eine Münchner Stiftung, die zur Unterstützung katholischer Waisenkinder gegründet wurde. Natürlich gibt es noch immer Waisen, aber die sind heutzutage nur noch ganz selten katholisch, damit lässt sich der eigentliche Stiftungszweck kaum mehr verwirklichen.
Warum ist eine ausreichende finanzielle Ausstattung wichtig?
Thaler: Viele Stiftungsgründer überschätzen die Möglichkeit, Spenden einzuwerben, um damit die gewünschten Ziele zu erreichen. Denn auch wenn die eigene Idee noch so gut ist, haben viele andere auch unterstützenswerte Ziele und oft bereits ein hochprofessionelles Marketing. Hier hervorzustechen, Aufmerksamkeit zu bekommen und einen hohen Bekanntheitsgrad zu erreichen ist alles andere als einfach.
Wie wichtig ist dann eine gute Anlagestrategie für den Erfolg?
Thaler: Es gibt noch immer gar nicht so wenige Stiftungen, die ihr Kapital auf schlechtverzinsten Tagesgeldkonten liegen haben, da ähneln sie dem durchschnittlichen Privatanleger. Wenn die Stiftung aber statt in Spendenwerbung lieber in unabhängige Fachberatung zu einer langfristigen Anlagestrategie investiert, kann unter dem Strich oft deutlich mehr bewegt werden. Durch mit Weitsicht aufgestellte Richtlinien kann dann zum Beispiel festgelegen werden, in welchem Rahmen das Kapital investiert werden soll. Eine Möglichkeit, die Stifter am besten gleich von der Gründung an nutzen sollten.
Was unterscheidet Stiftungen von normalen Anlegern?
Thaler: Grundsätzlich ist der Anlagehorizont von Stiftungen meist deutlich länger und sie gehen nur sehr begrenzt Risiken ein. Wer eher für Jahrzehnte als Jahre investiert, für den sind kurzfristige Kursschwankungen im Tagesgeschäft nicht entscheidend, sondern die langfristigen Perspektiven. Zudem sind regelmäßige Erträge, die zur Erfüllung des Stiftungszweck gebraucht werden, ein wichtiges Anlagekriterium. Unternehmen, die hier über viele Jahre ausreichende Gewinne generieren, um ausschütten zu können und trotzdem weiter in ihre Entwicklung investieren, sind in der Regel auch an der Börse gefragt. Stiftungen setzen so weniger auf gehypte Werte wie so mancher Privatanleger, sondern eher auf solide Substanztitel.
Solide Mischung

Stiftungsfonds für jedermann
Manche Stiftungsfonds können sich auch ganz normale Anleger ins Depot legen ohne große Mindestinvestitionsgrenze. Allerdings heißt die Bezeichnung Stiftungsfonds im Namen nicht, dass diese Produkte automatisch mehr Sicherheit bieten. In der Regel handelt es sich um Mischfonds, die sowohl auf Aktien als auch auf festverzinsliche Wertpapiere setzen, aber zum Teil auch andere Anlageklassen nutzen. Mit den hier ausgewählten Fonds konnten sowohl Stiftungen als auch Anleger die schwierigen letzten drei Jahre recht glimpflich überstehen.
Name | ISIN | Laufende Kosten in % | Wertenwicklung 3 Jahre in % |
Frankfurter Stiftungsfonds | DE000A2DTMN6 | 1,64 | 5,72 |
FVM-Stiftungsfonds | DE000A2H5XR0 | 1,17 | 6,53 |
Hansen&Heinrich Stiftungsfonds | DE000A2H7PP6 | 1,25 | 5,49 |
Stiftungsfonds Spiekermann & Co | DE000A1C1QH0 | 0,96 | 5,92 |
Stiftungsfonds Westfalen | DE000A0RA4Q2 | 1,28 | 5,66 |
UniInstitutional Stiftungsfonds | DE000A2DMVH4 | 1,1 | 7,61 |
Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | YouTube | Instagram | Pinterest