
„Eine Selbstanzeige muss korrekt und vollständig sein, damit sie strafbefreiend wirken kann“

Frau Dr. Wild, Gewinne aus Fremdwährungsgeschäften richtig zu versteuern, ist ein sehr komplexes Thema. Ein sehr prominentes Beispiel, bei dem Devisengeschäfte eine maßgebliche Rolle spielten, ist der Fall Uli Hoeneß. Warum musste Herr Hoeneß trotz seiner Selbstanzeige, die ihn vor Strafe bewahren sollte, ins Gefängnis?
Dr. Katharina Wild: Weil seine Selbstanzeige nicht die notwendigen Bedingungen erfüllt hat, damit sie strafbefreiend wirken kann. Mit so einer Selbstanzeige soll ja die Steuerehrlichkeit wiederhergestellt werden. Deshalb muss sie korrekt und vollständig sein. Und sie muss die Einkommen so darstellen, dass das Finanzamt die Steuern auf dieser Basis korrekt festsetzen kann. Nach Medienberichten wurde in der Selbstanzeige von Herrn Hoeneß aber nur eine Steuerschuld von 3,5 Millionen Euro auf Basis von Schätzungen angegeben, zu Beginn des Prozesses auf 15 Millionen Euro korrigiert, während Prüfungen im Laufe der Verhandlung auf mehr als 28 Millionen Euro kamen.
Bei solchen Differenzen fragt sich der Normalbürger schon, wie Fehleinschätzungen in solchen Größenordnungen zustande kommen können.
Wild: Ein Problem für den Inhaber des Fremdwährungskontos ist es, dass die Steuerreports der Banken gar keine Angaben zu Devisengeschäften enthalten. Stattdessen müssen die Belege für jede einzelne Transaktion bei der Bank angefordert werden. Anschließend muss jede Position auf ihre steuerliche Relevanz geprüft und der Ertrag ermittelt werden. Kommen hier mehrere tausend Transaktionen zusammen, ist der Aufwand immens. Wenn man stattdessen den Gewinn nur anhand der Kontostände am Anfang und am Ende schätzt, ist das Risiko hoch, deutlich danebenzuliegen. Denn der Endstand sagt ja nichts darüber aus, wie hoch in einem Jahr der Gewinn war, wenn im Endbestand Gewinne und Verluste miteinander saldiert wurden. Im Falle einer Selbstanzeige ist das besonders riskant, denn die Angaben darin dürfen maximal um fünf Prozent von der tatsächlichen Steuerschuld abweichen, damit sie strafbefreiend wirken kann.
Auch wenn jemand nicht ins Gefängnis muss, ganz straflos kommt doch niemand davon, der Steuern hinterzieht, oder?
Wild: Neben dem Hinterziehungsbetrag müssen auf jeden Fall Hinterziehungszinsen bezahlt werden und ab einer Hinterziehungssumme von 25.000 Euro eine zusätzliche Strafe von zehn Prozent. Dieser Prozentsatz steigt bis auf 20 Prozent bei Beträgen über 1 Million Euro.
Was raten Sie einem Besitzer eines Fremdwährungskontos, der erst jetzt von seiner Pflicht erfährt, Gewinne aus Devisengeschäften zu versteuern?
Wild: Wenn ein Steuerberater feststellt, dass die Gewinne unter 600 Euro liegen, ist man auf der sicheren Seite, denn so hoch ist in diesem Fall der Freibetrag. Generell verjährt Steuerhinterziehung nach fünf Jahren. Dieser Zeitraum sollte also geprüft werden. Liegen die Beträge jedoch über 600 Euro und wird eine strafbefreiende Selbstanzeige in Betracht gezogen, müssen nach der aktuellen Gesetzgebung die nicht versteuerten Erträge sogar für die vergangenen zehn Jahre angegeben werden. Vor einer Selbstanzeige sollten aber auch andere Gründe geprüft werden, die eine Strafbefreiung zurzeit eventuell ausschließen könnten.
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