Pharmaaktien: Zukunftsorientierte Anleger kommen an der Gesundheitsbranche nicht vorbei.

Pharmaaktien: Zukunftsorientierte Anleger kommen an der Gesundheitsbranche nicht vorbei.


Durch die Pandemie kamen wir zu Erkenntnissen, wie Krankheiten zukünftig behandelt werden können. Diese Fantasie spiegelte sich bereits in den Aktienkursen einiger Health-Care-Unternehmen wieder. Ist damit der Boom bereits zu Ende? Fragen an den Frankfurter Vermögensverwalter Michael Craatz.
Michael Craatz ist Senior Mandantenbetreuer bei der Hansen & Heinrich AG

Erwarten Sie, dass der MSCI World Pharma Index weiter steigt oder erscheint das Kurspotential vorerst ausgereizt?

Michael Craatz: Unabhängig davon, ob es aktuell der richtige Zeitpunkt der Neuanlage ist: „Time“ ist wichtiger als „Timing“. Anleger, die ihr Depot zukunftsorientiert aufstellen wollen, kommen an der Gesundheitsbranche nicht vorbei.

Der MSCI World Pharmaceuticals, Biotechnology and Life Sciences Index (MSCI World Pharma) setzt sich aus ca. 60% Pharma und je knapp 20% Biotechnologie und Biowissenschaften (Life Sciences) zusammen. Die Mehrheit der Unternehmen ist in den USA angesiedelt mit knapp 65%; der Rest auf 22 weitere Industrieländer verteilt.

Der große Schwerpunkt des Index, der Pharmabereich, wird an der Börse als defensive, nicht zyklische Branche gesehen. In den letzten fünf Jahren lief dieser Bereich schlechter als der Gesamtmarkt. Wenn man allerdings einen langfristigeren Kontext betrachtet, schneidet die Pharmabranche deutlich besser ab. Durch die Weiterentwicklungen im Biotechnologiebereich, namentlich die Fortschritte im mRNA-Bereich sollte auch die Pharmabranche in Gänze profitieren. Die steigende Weltbevölkerung und die steigende Lebenserwartung sind weitere Faktoren, die für eine hohe zukünftige Nachfrage nach pharmazeutischen Produkten sprechen. Das langfristige Kurspotenzial des Index ist daher gegeben.

Allerdings ist der Gesamtmarkt momentan in einer schwachen Phase, so dass kurzfristig das Aufwärtspotenzial auch in dieser Wachstumsbranche begrenzt ist. Hinzu kommt die Thematik, dass der Index sehr USA-lastig ist. Auch wenn die Bewertung hinter der Technologiebranche hinterherhinkt, ist kurzfristig Vorsicht geboten.

Außerdem könnte der investitionsabhängige Biotech-Bereich unter steigenden Zinsen leiden. Leider ist der wachsende Gesundheitsmarkt der Schwellenländer in dem Index nicht vertreten.

Sollten Anleger mit einem ETF auf den Index setzen oder sollten sie nicht in den breiten Pharmamarkt, sondern in aktiv gemangte Fonds oder ausgewählte Einzeltitel investieren?

Craatz: Mit börsen­gehandelten Indexfonds, ETFs, können Anleger die Risiken einer Anlage in der Pharmaindustrie nicht gänzlich ausschalten, aber deutlich reduzieren. Das Rezept heißt Diversifikation. Wenn einzelne Aktien kein allzu großes Gewicht im Index haben, lässt sich auch eine Korrektur verschmerzen. Der Index MSCI World Pharma bietet einen guten Querschnitt der Branche mit einem Fokus auf Unternehmen mit etablierten Geschäftsmodellen. Unter den größten Pharma­konzernen gibt es einige gute Dividendenwerte, die für zusätzliche Stabilität sorgen können. Allerdings sind Indizes in der Regel recht starr und werden bei Branchenveränderungen nicht schnell angepasst. Beim MSCI World Pharma sollte einem der USA-Schwerpunkt bewusst sein und der gänzliche Verzicht auf aufstrebende Schwellenländer.

Wie sieht es mit Fonds und Einzelwerten aus?

Craatz: Ein aktiver Fonds kann schneller auf Veränderungen in der Gesundheitsbranche reagieren. Wer hätte gedacht, wie schnell eine Technologie wie mRNA – beispielsweise die Aktien von Moderna oder BioNTech – in den Mittelpunkt rückt und eine ganze Branche verändern kann. Ein guter aktiver Fondsmanager kann diese Transformationen für seine Investoren nutzen und sollte in der Lage sein, die Mehrkosten gegenüber einem ETF zu rechtfertigen.

Die Investition in Einzelwerte ist bei den Großen der Branche sicherlich auch eine gute Möglichkeit, zumal die Schwankungen traditionell geringer als bei zyklischen Werten sind. Man sollte bei der Anlage in Einzeltitel allerdings genau hinschauen und auf die Qualität achten. Eine bisher gezahlte Dividende ist keine Garantie für die Zukunft. Viel wichtiger ist die Preissetzungsmacht des Unternehmens. Wenn man in spannende Newcomer investieren möchte, empfiehlt sich keine Anlage in Einzeltiteln. Gerade im Bereich Biotechnologie sind die Schwankungen und Risiken enorm. Eine Investition über ETFs oder aktiv gemanagte Fonds ist hier deutlich sinnvoller.

Welche Einzeltitel bieten Ihrer Meinung nach derzeit das interessanteste Chance-Risiko-Verhältnis?

Craatz: In unseren gemanagten Mandaten bevorzugen wir aktuell Anlagen in Pharma-Klassikern wie Johnson & Johnson, eines der größten Gesundheitsunternehmen der Welt, welches seit seiner Börsennotierung im Jahr 1944 stetig eine Dividende zahlt.

Obwohl viele Pharma-Unternehmen aus den USA kommen, bieten sich ebenfalls in Europa Chancen: hier seien Novo-Nordisk aus Dänemark genannt, die im Diabetesbereich Marktführer sind. Die Schweizer Novartis AG (ISIN: CH0012005267), die in 2021 21,2 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat, hinkt in der Kursentwicklung Ihrem Baseler Konkurrenten Roche (ISIN: CH0012032113) seit zwei Jahren hinterher. Hier gehen wir davon aus, dass sich die Schere wieder schließen wird.

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