
Börsenausblick: "Aktien sind 2022 die erste Wahl"

Wie würden Sie das Jahr 2021 aus Anlegersicht zusammenfassen?
Lena Lochner: Das Jahr 2021 ist für Anleger, die in den Aktienmarkt investiert waren, insgesamt als durchaus erfolgreich zu bewerten. Das Niedrigzinsniveau bewirkte eine Konzentration der Kapitalströme auf den Aktienmarkt. Darüber hinaus sorgten die US-Notenbank und die Europäische Zentralbank für einen kontinuierlichen, extrem großen Liquiditätsnachschub. Die geldpolitischen Rahmenbedingungen waren daher für die Kursentwicklung ausgesprochen günstig, wovon insbesondere der US-amerikanische und europäische Markt profitieren konnte.
Des Weiteren stellte die konjunkturelle Erholung die Weichen für weitestgehend positive Geschäftsergebnisse, welche das hohe Kursniveau mit fundamentalem Leben füllten. Einschränkend muss jedoch auf die Entwicklungen in China verwiesen werden, wo regulatorische Eingriffe zu gravierenden Kursverlusten führten. Die gegen Jahresende einsetzende, zunehmende Hektik an den Märkten, die punktuell und kurzfristig immer wieder zu ausgeprägten Kursschwankungen führt, sind Ausdruck einer großen Unsicherheit, die die Entwicklung der Pandemie für Anleger mit sich bringt.
Waren Sie von den Entwicklungen überrascht?
Lochner: Bedenkt man die Dimension der globalen Pandemie und die Einschränkungen für Wirtschaft und Privatpersonen, die diese mit sich bringt, ist die Entwicklung mit ein wenig Abstand betrachtet schon erstaunlich. Überraschend ist sie jedoch nicht, da sich der enge Schulterschluss zwischen Notenbanken und Staatsregierungen auch in vorangegangenen Krisen abzeichnete.
Die Inflation und die Antwort der Notenbanken darauf ist derzeit ein großes Thema – wie bewerten Sie die Situation?
Lochner: Auch wenn die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank nicht müde werden zu betonen, die hohen Inflationsraten seien nur temporär, ist zweifelhaft, ob sich lediglich durch dieses Narrativ eine nachhaltige Drosselung eben jener herbeiführen lässt. Die Prognosen der Zentralbanken, sind weiterhin als optimistisch zu bezeichnen, liegen diese doch für das kommende Jahr teilweise unter oder um 2%. Es ist zwar davon auszugehen, dass die Inflationsraten wieder sinken, sobald sich die Produktions- und Logistikengpässe aufgelöst haben, jedoch nehmen wir nicht an, dass sie sich wieder dem niedrigen Vorkrisenniveau angleichen.
Rasant steigende Preise für CO2-Emissionsrechte als auch eine reduzierte politische Bereitschaft zur Genehmigung von Öl- und Gasförderanlagen werden weiterhin für steigende Verbraucherpreise im Energiesektor sorgen. Als ebenso nachhaltig stufen wir die Preissteigerung mancher Rohstoffe, wie beispielsweise Kupfer ein, die in großen Mengen zur Dekarbonisierung und Elektrifizierung der Weltwirtschaft benötigt werden. Die Schwierigkeiten von Unternehmen bei der Besetzung offener Stellen wird durch die Überalterung westlicher Industrienationen weiter befeuert und treibt das Lohnniveau in die Höhe. Allein diese Aspekte sind nicht als temporär einzustufen, sondern eher struktureller Natur.
Welche Schlüsse sollten Anleger aus der Situation ziehen?
Lochner: Eine Investition in Sachwerte, wie Aktien qualitativ herausragender Unternehmen, kann helfen in diesem Inflations- und Zinsumfeld den Kaufkraftverlust des Vermögens zu begrenzen, oder dessen Wert weiter zu steigern.
Die Corona-Pandemie ist noch nicht überstanden. Wie lange wird dieses Thema die Märkte noch beeinflussen?
Lochner: Ein Ende der Pandemie ist kurzfristig leider nicht absehbar, eine verlässliche Prognose über den weiteren Verlauf lässt sich darüber hinaus nicht anstellen. Das Auftreten neuer Mutationen hat in der Vergangenheit immer wieder gezeigt, welche Dynamik hinter dem Infektionsgeschehen steckt und wie sich dieses auf die globale Wirtschaft auswirkt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Pandemie auch 2022 noch ein Thema ist, das die Märkte bewegen kann.
Wie können sich Anleger aufstellen, die auch 2022 erfolgreich Vermögen aufbauen wollen?
Lochner: Das Niedrigzinsniveau, hohe Inflationsraten, als auch die Auswirkungen der globalen Pandemie sind Themen, die die Anleger im Jahr 2022 beschäftigen werden. Wenngleich zumindest in den USA die Weichen für minimale Zinserhöhungen gestellt werden, wartet man auf ein ähnliches Signal der Europäischen Zentralbank vergeblich. Für Anleger, die ihr Vermögen werterhaltend oder mehrend investieren wollen, sind Aktien qualitativ herausragender Unternehmen daher die erste Wahl.
Neben einem stabilen Geschäftsmodell, welches in Krisenzeiten mit planbaren Erträgen überzeugt, sollten Anleger auch auf die strategische Positionierung eines Unternehmens achten. Angesichts der hohen Inflationsraten sind solche mit einer hohen Preissetzungsmacht zu bevorzugen, da diese Mehrungen bei den Produktionskosten an die Verbraucher weiterreichen und so ihr Geschäftsergebnis stabilisieren können.
Darüber hinaus ist in Anbetracht drohender Zinserhöhungen auf ein möglichst niedriges Schuldenniveau zu achten, um das Risiko einer finanziellen Schieflage oder eingeschränkten Handlungsfreiheit des Unternehmens zu minimieren. Anleger sollten weiterhin Titel mit außerordentlich hohen Bewertungen meiden, welche nicht von entsprechenden Fundamentaldaten gedeckt sind. Hier besteht punktuell das Risiko einer Blasenbildung, welches es zu umgehen gilt.
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