Herdentrieb und der Unternehmenswert eines Brillenherstellers in der Corona-Krise

Herdentrieb und der Unternehmenswert eines Brillenherstellers in der Corona-Krise


Die Behavioral Finance zeigt, dass der typische Anleger nicht der Homo oeconomicus ist. Er ist also nicht derjenige, der seine Entscheidungen effizient und rational trifft. Dabei ist der Preis eines Unternehmens gar nicht das Entscheidende. Sondern vielmehr der Wert einer Firma und genau darin liegt die Krux.

Behavioral Finance ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften, die sich mit der Psychologie der Anleger beschäftigt. Sie zeigt auf, dass der typische Anleger eben nicht der Homo oeconomicus ist. Er ist also nicht derjenige, der seine Entscheidungen effizient und rational trifft. Vielmehr trifft eine erhebliche Anzahl an Marktteilnehmern ihre Entscheidungen sehr emotional und folgt dem Herdentrieb.

Damit kommen wir zu dem wesentlichen Punkt bei einer Aktieninvestition, nämlich dem Verhältnis zwischen dem Preis und dem Wert eines Unternehmens. Dabei ist der Preis eines Unternehmens gar nicht das Entscheidende. Sondern vielmehr der Wert einer Firma und genau darin liegt die Krux. Anstatt sich mit dem wahren Wert (sogenannter innerer Wert) der Firma zu beschäftigen, schauen viele Anleger täglich auf den Preis an der Börse. Wer aber den Wert einer Firma nicht kennt, muss natürlich nervös werden, wenn der Preis fällt. Als Folge werden emotionale Entscheidungen getroffen, die mit Fakten nicht viel zu tun haben. Ganz konkret möchte ich das an einem Beispiel eines großen deutschen Brillenherstellers zeigen. Anleger bekommen dieses Familienunternehmen gerade rund 40 Prozent günstiger als vor einigen Wochen.

Der Kursrückgang folgte fast wie ein Stein, den man fallen lässt. Dabei sehen die wesentlichen Kennzahlen des Unternehmens sehr solide aus:

  • keine Schulden
  • Nettocash in der Bilanz
  • Free-Cashflow-Rendite höher als 5 Prozent
  • Dividendenrendite von mehr als 4 Prozent

Der innere Wert eines Unternehmens bestimmt sich aus allen, auf den heutigen Tag abdiskontierten zukünftigen Cash-Flows, die das Unternehmen an seine Eigentümer (die Aktionäre) ausschütten kann. Dabei wird davon ausgegangen, dass das Unternehmen grundsätzlich für immer existiert. Der Brillenhersteller wird dieses Jahr mit Sicherheit weniger Brillen verkaufen. Dadurch sinkt der Cash-Flow für dieses Jahr und in Folge auch der innere Wert der Firma. Allerdings beeinflusst ein Jahr den Wert nur geringfügig. Für den Anleger stellt sich jetzt also die Frage, ob dieser herbe Rückschlag von Dauer sein wird. Oder ob in Zukunft keine Brillen oder zumindest sehr viel weniger verkauft werden als bisher. Hierzu eine aktuelle Studie von der Allensbacher Untersuchung:

Chart über den Zuwachs von Brillenträgern in Deutschland

Hinzu kommt, dass das Unternehmen seit 25 Jahren eine Dividende ausschüttet, die im Laufe der Jahre auch regelmäßig erhöht worden ist:

Chart der Dividendenentwicklung

Werden nun alle vorgenannten Aspekte berücksichtigt, scheint mir der akute Kursrückgang an der Börse von 40 Prozent  übertrieben. Somit bieten sich in diesen Zeiten für langfristige Investoren mit Blick für das Wesentliche hervorragende Einstiegsmöglichkeiten.

Fazit: Natürlich sind alle Krisen für Anleger nervenaufreibend. Es ist klar, dass der momentane Anblick des Depotauszuges die Stimmung nicht unbedingt aufhellt. Aber: Alle Anleger sind gerade in diesen schwierigen Zeiten gut beraten, keine emotionalen Entscheidungen zu treffen. Folgen Sie nicht dem Herdentrieb.


Mehr zu diesem Thema lesen Sie in unserem Blogbeitrag “Raus aus Aktien oder gerade jetzt sogar einsteigen?”.