Raus aus Aktien oder gerade jetzt sogar einsteigen?

Raus aus Aktien oder gerade jetzt sogar einsteigen?


Wenn die Börsen auf Talfahrt gehen, verkaufen viele Anleger reflexartig. Ist es richtig, jetzt alle Aktien loszuwerden, lohnt sich aussitzen oder sogar einsteigen? Antworten auf die drei wichtigsten Fragen.

Sind die Märkte krank oder schon wieder geheilt? Mal stürzen sie gefühlt ins Bodenlose, dann erholen sie sich wieder. Und das obwohl doch derzeit eigentlich fast alles stillsteht und die wirtschaftlichen Folgen noch kaum absehbar sind. Erfahrene Vermögensverwalter beantworten die drei wichtigsten Anlegerfragen:

Besser jetzt verkaufen und warten bis sich alles beruhigt hat?

„Die derzeitige Situation in der Wirtschaft ist sehr schwierig“, sagt Burkhard Wagner, Sprecher des Vorstandes der Münchner PARTNERS Vermögens Management AG, „jedoch dürfte bereits eine Rezession ‚eingepreist‘ sein.“ Das heißt, in den Aktienkursen sind die jetzt erwarteten Corona-Folgen und die Wirkung der staatlichen Hilfen und Notenbank-Eingriffe zum Großteil bereits enthalten. „Wer heute verkauft, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder einzusteigen, kann scheitern“, warnt der Börsenexperte „es wäre reine Glückssache, zum optimalen Zeitpunkt wieder einzusteigen.“ Sebastian Kotte, Vorstand beim Vermögensverwalter Spiekermann & CO AG aus Osnabrück, sieht das ähnlich: „Wenn die Börsen vermeintlich verrückt spielen, kann es einfach kein guter Rat sein, sich von Panik und Hysterie anstecken zu lassen.“ Stattdessen sei besonnenes und überlegtes Agieren gefragt.

Einfach nichts tun und aussitzen?

Wer Geld an der Börse anlegt, sollte wissen, dass der Faktor Zeit essenziell ist und in der Vergangenheit Krisen unter dem Strich kaum Auswirkungen hatten. „Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten, und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich“, formulierte es die Börsenlegende André Kostolany einmal überspitzt. „Über 80 Prozent eines langfristigen Anlageerfolges werden durch die richtige Aufteilung des Vermögens auf die jeweiligen Anlageklassen erzielt“, sagt der Münchner Vermögensverwalter Burkhard Wagner. „Sehen Sie sich die Crashs der Vergangenheit an: 1987, 2000, 2008 sind heute auf den langfristigen Charts nur mehr als Korrektur zu erkennen.“ (s. Chart) Die jetzige Crash-Situationen können mutige Anleger sogar nutzen, um antizyklisch zuzukaufen. Allerdings sollte der Zeithorizont bei so etwas mindestens fünf, besser zehn oder noch mehr Jahre betragen und strategisch gut positioniert werden.

Jetzt einsteigen?

Der Zeitpunkt eines Investments ist für Anlageprofis eher zweitrangig. „Der langfristige Erfolg liegt darin, eine auf die eigenen Bedürfnisse ausgerichtete Anlagestrategie konsequent zu verfolgen,“ sagt Börsenexperte Sebastian Kotte aus Osnabrück. Er rät, die Aktienquote nach Marktbewegungen regelmäßig neu zu justieren und stets die Investmentqualität der Inhalte hoch zu halten. Gerade hier bieten Krisen, in denen aus Panik und Hysterie viele Anleger einfach alles verkaufen, sogar die Möglichkeit ‚Schnäppchen‘ zu machen. Die Entscheidung Aktien von top positionierten, krisenfesten Unternehmen zu einem guten Preis kaufen zu können, sollte aber vor dem Hintergrund einer langfristig ausgerichteten Anlagestrategie getroffen werden.

Kurz eingeknickt, aber stets erholt

Rückschläge wie 1987, 2000 oder 2008 müssen Börsenanleger immer wieder hinnehmen. Aber wer in den letzten Jahrzehnten in diese Anlageklasse investierte, wurde langfristig eigentlich stets belohnt, diese Schwankungen auszuhalten. Die schmerzhaften Verluste für Anleger in den letzten Wochen sind im langfristigen Dax-Chart nur ein weiterer Ausschlag nach unten, der irgendwann wieder überwunden sein dürfte.

Quelle: boerse.de

Richtiger Zeitpunkt an der Börse? Egal.

Es ist der Traum eines jeden Börsenprofis: Aktien auf dem Tiefpunkt kaufen, genau zum Höchststand verkaufen und so den maximalen Gewinn erzielen. Aber „Timing ist oftmals Glückssache“ weiß der Münchner Vermögensverwalter Burkhard Wagner und sein Osnabrücker Kollege Sebastian Kotte sagt: „Streng genommen ist jeder festgestellte Preis an der Börse der Preis, zu dem es einen Käufer und einen Verkäufer gibt.“ Ganz offensichtlich haben beide Parteien unterschiedliche Erwartungen, wie es weitergeht. Vermögensverwalterprofis haben die gesamtwirtschaftlichen Trends oft besser im Blick als gewöhnliche Sparer. So können sie vorausschauend Anpassungen vornehmen oder Risiken noch besser verteilen und Vermögen in seiner Gesamtheit stabilisieren. Aber eine Prognose des optimalen Zeitpunktes zum Ausstieg oder Einstieg bei einzelnen Werten ist auch für Börsenexperten realistisch betrachtet unmöglich. In schlecht vorhersagbaren Zeiten wie den heutigen nutzen professionelle Investoren deswegen zum Beispiel zeitlich gestaffelte Tranchen bei Ankäufen. Ganz normale Anleger machen das oft automatisch, wenn sie in einen Aktien- oder Fondssparplan eine feste Summe monatlich fließen lassen. Bei hohen Kursen werden weniger Anteile gekauft, bei niedrigen mehr. So lange sich das Investment generell positiv entwickelt, fallen so Schwankungen insgesamt weniger ins Gewicht. Die grundsätzliche Qualität und ein langer Anlagehorizont sind dann wesentlich entscheidender für den Erfolg als der richtige Zeitpunkt beim Einstieg.


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