
Nur vor der eigenen Haustür investieren - Besser nicht!
Ohne Zweifel, es gibt tolle deutsche Unternehmen und gerade in unserer Heimatregion rund um Freiburg finden sich attraktive Hidden Champions. Aber wer sein Vermögen stabil und zukunftsorientiert aufstellen will, sollte beim Investieren nicht nur auf regionale Werte setzen. Profis sprechen vom „Home Bias“-Effekt, wenn deutsche Anleger hauptsächlich heimische Werte im Depot haben, obwohl der deutsche Aktienmarkt nur etwa 1,5 Prozent der globalen Marktkapitalisierung ausmacht. Aber warum kann es sinnvoll sein, vielleicht auch einen Autohersteller aus China oder ein E-Commerce Unternehmen aus Uruguay im Depot zu haben?
Sorgen um die deutsche Wirtschaftslage
Ein gutes Beispiel dafür ist derzeit die Stimmungslage in Deutschland, denn nicht nur der Automobilkonzern VW ist in einer schwierigen Situation. Der ifo-Geschäftsklimaindex misst bei 9.000 Führungskräften, wie sie die momentane Lage und die Aussichten ihrer Unternehmen für die nächsten sechs Monate einschätzen. Im September sank er auf den tiefsten Stand seit Januar und die Volkswirte aus München sehen das als Vorzeichen einer Konjunkturabkühlung. „Die deutsche Wirtschaft gerät immer stärker unter Druck“, fasste das ifo-Präsident Clemens Fuest zusammen, „die Kernbranchen der deutschen Industrie stecken in Schwierigkeiten.“ Aber was heißt so etwas für Anleger? Das bedeutet nicht gleich, dass die deutsche Börse einbricht. Der DAX ist auf Jahressicht* noch immer rund 22 Prozent im Plus. Das Auf und Ab an der Börse wird von vielen Faktoren beeinflusst,. Zum einem von der Zinspolitik der Notenbanken und langfristigen Erwartungen, die weit über den Horizont von sechs Monaten hinausgehen. Im Vergleich zu den internationalen Märkten, die zum Beispiel im Index MSCI World abgebildet werden, zeigt sich schon bei den deutschen Standardwerten ein Unterschied, der eine Folge der schlechten Stimmung sein könnte: Das MSCI World Börsenbarometer konnte im gleichen Zeitraum um etwa 28 Prozent zulegen.
Im V-CHECK Video: Vorwurf an Europa: Faul, ängstlich & ohne Ehrgeiz. Stimmt das, Philipp Vorndran?
Der Chef des norwegischen Staatsfonds hat jüngst die ganz große Keule rausgeholt und Europa die Zukunftsfähigkeit abgesprochen. Europa sei faul, ängstlich, und ohne Ehrgeiz. Es sei besorgniserregend, sagt er, wie US-Konzerne ihre europäische Konkurrenz abkochen würden. Droht Europa wirklich der Abstieg? Wie kann Europa im globalen Wettbewerb bestehen? Fragen dazu von Börsenmoderator Andreas Franik an Philipp Vorndran, Kapitalmarkt-Stratege und Partner der Flossbach von Storch AG im Interview – aufgezeichnet auf dem Vermögenstag der V-Bank AG.
Zu Hause ist nicht automatisch sicherer
Es ist verständlich, dass gerade unerfahrene Investoren trotzdem lieber erstmal auf vertraute Werte setzen. Also eher den Autoriesen VW als den chinesischen Neukonkurrenten BYD oder Chiphersteller Infineon statt US-Börsenliebling Nvidia. Dabei vergessen viele, dass ein deutscher Unternehmenssitz noch wenig darüber aussagt, wo die Schwerpunkte des Geschäftsmodells liegen. Für die Entwicklung des Volkswagen Konzerns ist zum Beispiel der Markt in China mit 3,2 Millionen verkauften Fahrzeugen in 2023 letztlich wohl wichtiger als der heimische mit 1,1 Millionen. Die Siemensabspaltung Infineon erzielt auch mehr als die Hälfte der Umsätze im letzten Jahr in der Region Asien und Pazifik und nur etwa ein Achtel in Deutschland. So wirklich „deutsche“ Investments sind das wohl unter dem Strich gar nicht mehr.
Daneben gibt es aber auch noch einen mit dem Ökonomie-Nobelpreis ausgezeichneten Grund, warum ein rein deutsches Portfolio nicht optimal ist: Die von Harry Markowitz entwickelte Portfoliotheorie konnte mathematisch nachweisen, dass es vorteilhaft ist, seine Anlagen auf möglichst viele verschiedene Assets zu verteilen, um Klumpenrisiken zu vermeiden. Profis sprechen hier von einer breiten Diversifikation. Verluste bei einzelnen Anlagen können im Optimalfall durch Gewinne bei anderen Anlagen ausgeglichen werden. Das Wertschwankungsrisiko eines stark diversifizierten Portfolios ist bei gleichem Renditepotential erfahrungsgemäß geringer als bei einem auf wenige Werte konzentrierten. Oder einfach formuliert: Lege beim Investieren niemals alle Eier in einen Korb, dann ist es nicht so schlimm, wenn mal was Unerwartetes passiert.
Chancen nutzen und Risiken managen
Es gibt noch einen weiteren Vorteil der Vielfalt im Depot: Wer sich nicht auf den heimischen Markt beschränkt, kann zusätzlich auf der ganzen Welt nach dynamischen Wachstumschancen suchen, die es momentan direkt vor der Haustür eher selten gibt. Das kann dann auch mal ein Onlinehändler wie Mercado Libre aus Uruguay sein, der derzeit interessantere Perspektiven bieten könnte als US-Marktgigant Amazon.
Allerdings gehört es bei solchen Investments natürlich dazu, sich in Frage kommende Kandidaten sehr genau anzusehen. In einem stabil aufgestellten Portfolio gilt es, die Balance zwischen Chancen und Risiken zu wahren. Das heißt, es wird nicht nur darauf geachtet, ganz verschiedene Unternehmen etwa aus unterschiedlichen Branchen, Regionen, Währungsräumen zu mischen. Gleichzeitig kann eine gute Balance aus etablierten Klassikern und aufstrebenden Newcomern insgesamt mehr Stabilität bei vernünftigen Renditeaussichten bringen.
Zu einem solide aufgestellten Vermögensaufbau gehört es für uns aber auch, nicht nur auf Aktien zu setzen. Festverzinsliche Wertpapiere, Edelmetalle sowie ein Notgroschen auf dem Tagesgeldkonto runden eine strategische Vermögensallokation erst wirklich sinnvoll ab. Das macht ohne Frage mehr Arbeit, als sich einfach ein paar Werte aus dem DAX zu kaufen oder alles auf das Sparbuch zu legen. Unter dem Strich ist das aber die beste Wahl, um langfristig Geld real erfolgreich anzulegen ohne große Einzelrisiken einzugehen und Vermögen über Jahre und Jahrzehnte aufzubauen.
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