ELTIFs als Geldanlage - welche Chancen und Risiken ergeben sich für Anleger?

ELTIFs als Geldanlage - welche Chancen und Risiken ergeben sich für Anleger?


European Long-Term Investment Funds sind eine Form der Geldanlage, die darauf abzielt, langfristige Investitionen in die europäische Realwirtschaft zu fördern. Für Anleger ergeben sich Chancen aber auch Risiken.

„Es war ein sonniger Samstag, und ich saß mit einem Freund, der bei einer großen deutschen Privatbank tätig ist, bei einem Spiel des VfL Osnabrück – meinem Herzensverein aus meiner Heimat. Während des leider nicht so erfolgreichen Spielverlaufs begann mein geschätzter Freund und Branchenkollege, mir von einem neuen Anlageprodukt zu erzählen, das bald die Anlagewelt revolutionieren sollte: den ELTIFs.

Anfangs klang es fast zu schön, um wahr zu sein – die Lösung für alle Portfoliomanager und Anleger. Um ehrlich zu sein, war es so verlockend, dass ich skeptisch wurde. Als unabhängiger Vermögensverwalter, der sich regelmäßig mit der Entwicklung an den Finanzmärkten auseinandersetzt, stieß ich immer häufiger auf das Thema in den Medien, auf LinkedIn und in diversen Fachbeiträgen, und überall wurde nur geschwärmt. Meine kritische Neugier gegenüber geschlossenen Anlageprodukten wurde geweckt, und ich beschloss, mich intensiver damit auseinanderzusetzen und herauszufinden, ob ELTIFs wirklich so attraktiv sind, wie gemeinhin behauptet wird:“

ELTIFs werden manchmal mit ETFs verwechselt. Es ist wichtig zu betonen, dass es sich um unterschiedliche Anlageinstrumente handelt. Während ETFs liquide und breit diversifiziert sind, sind ELTIFs auf illiquide Anlagen spezialisiert.

Vorab daher kurz definiert, was sind ELTIFs? ELTIFs (European Long-Term Investment Funds) sind eine Form der Geldanlage, die darauf abzielt, langfristige Investitionen in die europäische Realwirtschaft zu fördern. Sie ermöglichen es auch Privatanlegern, in Infrastrukturprojekte zu investieren, die zuvor hauptsächlich institutionellen Investoren vorbehalten waren. ELTIFs investieren in langfristige Eigen- und Fremdkapitalbeteiligungen der Realwirtschaft der EU und anderer Länder und unterliegen speziellen europäischen aufsichtsrechtlichen Vorschriften.

Erst einmal ist die grundsätzliche Überlegung hinter den ELTIFs mehr als schlüssig. Die Europäische Union hat für die Finanzierung der künftig angedachten Infrastrukturmaßnahmen wie z.B. Straßen oder Energienetze nur begrenzte Mittel, auch weil andere Bereiche wie Forschung, Bildung, Gesundheit oder soziale Programme zusätzlich weiterhin finanziert werden wollen. Um diese Lücke in der Kapitalbeschaffung zu schließen, entstand die Idee, private Kapitalgeber mit an Bord zu holen. Doch dieses Konzept wurde insofern erweitert, indem nicht nur, wie bisher bei ähnlichen Finanzprodukten, eine Beschränkung der Gelder auf institutionelle Anleger vorgesehen war. Auch „normale“ Privatanleger sollten die Möglichkeit bekommen, an dieser neuen Art der Kapitalanlage teilzuhaben.

Was oft nicht bekannt ist, ELTIFs gibt es bereits seit 2015. Die quasi erste Generation war jedoch zu stark reguliert. Trotz der Einführung eines Marketing-Passes, also einer grenzüberschreitenden Angebotsmöglichkeit, erreichte ELTIF 1.0 nicht die erwartete Skalierung. Bis Oktober 2021 wurden nur 57 ELTIFs mit insgesamt 2,4 Milliarden Euro aufgelegt, hauptsächlich in Luxemburg, Frankreich, Italien und Spanien (Quelle: loyensloeff.com). Um die Eintrittsschwellen bei ELTIFs zu senken, überarbeitete die EU das Regelwerk deutlich, wodurch viele der strengen Vorgaben aus den vergangenen Jahren wegfielen. Konkret wurde dabei z.B. eine Erhöhung der möglichen Fremdkapitalquote zugelassen oder die Anforderungen an Diversifikation reduziert (Quelle: scopegroup.com). Laut dem etablierten Branchenportal Citywire hat die europäische Aufsichtsbehörde ESMA zudem Ende April angepasste Regulierungsstandards für den sogenannten ELTIF 2.0 vorgeschlagen. Damit könnte eine Welle neuer Privatmarktprodukte auf den deutschen Markt kommen.

Die für mich entscheidende Frage ist, ob sich der ELTIF wirklich als Massenprodukt eignet. Ist es eine Geldanlage für „jedermann“ oder sind die Produktdetails so umfangreich und komplex, dass ein tiefgehendes Verständnis über Chancen und Risiken nur für eine begrenzte Zahl an Anlegern möglich ist?

Um diese Frage zu beantworten, habe ich versucht, die wesentlichen Punkte zu verstehen bzw. auch die Interessenlage der Fondsbranche zu berücksichtigen.

Lange Laufzeit und veränderte Schutzregeln

ELTIFs zeichnen sich durch eine lange Laufzeit aus. Dies kann für Anleger von Vorteil sein, die bereit sind, ihr Geld über einen mehrjährigen Zeitraum zu binden (oft länger als 10 Jahre). Allerdings sollten sie sich bewusst sein, dass die Liquidität begrenzt ist und ein vorzeitiger Ausstieg schwierig sein kann. Die angebotenen Produkte sind bzw. werden sehr unterschiedlich ausgestattet sein. Zum Teil wird auch damit geworben, dass man nach ein paar Jahren einen Teil seines Geldes wieder zurückverlangen kann. Gleichwohl muss der Anbieter dann Liquidität vorhalten, die nicht für Investitionen zur Verfügung steht. Kritisch formuliert werden auf diese Weise illiquide Anlagen durch Neuverpackung als liquide verkauft. Die bereits genannten Schutzregeln für Anleger wurden in den vergangenen Jahren für diese Produkte aufgeweicht, nachdem sich die Nachfrage sehr schleppend entwickelte. Die EU hat das Regelwerk überarbeitet, so dass viele strenge Bestimmungen weggefallen sind. Jeder Anleger sollte somit explizit für sich, mit den Kenntnissen über diese Anpassungen, seine Risikotragfähigkeit für diese Produkte prüfen.

Verkaufsboom und Kosten

Der aktuelle Verkaufsboom bei ELTIFs ist ein zweischneidiges Schwert. Einerseits zeigt er das gestiegene Interesse an diesen Anlageprodukten, andererseits kann er dazu führen, dass Anleger aufgrund hoher Renditeprognosen in den Markt gelockt werden, ohne die Risiken ausreichend zu berücksichtigen. Zudem sollte man wissen, dass die Fondsbranche und deren Vertrieb ein großes Interesse an dieser neuen Produktgattung hat, da sich hier für sie höhere Margen als bei vielen anderen Anlageformen erzielen lassen. Anleger sollten somit die Gebühren genau prüfen und sicherstellen, dass sie die erwartete Rendite rechtfertigen. Neben jährlichen Kosten, die sehr unterschiedlich ausfallen können, haben einige Anbieter auch eine Erfolgsgebühr implementiert. Auch ein Ausgabeaufschlag, also eine einmalige Gebühr bei Kauf, kann erhoben werden. Positiv ist, dass die Anbieter zweimal im Jahr all ihre Investments, die Wertentwicklung und die Kosten offenlegen müssen. Eine wie ich finde notwendige und sinnvolle Transparenz.

Blindpools

ELTIFS können auch als Blindpool vermarktet werden. Bei Blindpools kennen Anleger die spezifischen Investitionen nicht im Voraus. Anleger müssen dem Fondsmanager vertrauen, dass er die richtigen Investitionsentscheidungen trifft. Ohne klare Sicht auf die zugrunde liegenden Vermögenswerte kann dies riskant sein. Zudem lässt sich das Liquiditätsrisiko noch schwieriger messen. Insgesamt sollten Anleger bei Blindpools sorgfältig abwägen, ob die potenziellen Renditen die genannten Risiken wert sind.

Die Alternative: Aktien, die von großen Projekten profitieren

Oft wird bei ELTIFs oder ähnlichen geschlossenen Anlagen damit geworben, dass deren Schwankungen im Vergleich zu Aktien deutlich geringer sind. Das ist aber nur die halbe Wahrheit. Denn die geringeren Schwankungen sind darauf zurückzuführen, dass ein entsprechender Preis wie an der Börse nicht täglich ermittelt wird. Falls die Preise dann angepasst werden müssen, z.B. durch entsprechende Gutachten, kann es zu einer erheblichen Anpassung innerhalb kurzer Zeit kommen. Anleger einzelner Immobilienfonds können davon ein Lied singen. So musste beispielsweise der Preis des Immobilienfonds UniImmo: Wohnen ZBI aufgrund einer Bewertungsanpassung innerhalb eines Tages um 17% abgewertet werden. Bei ELTIFs könnten übliche Marktrisiken oder auch politische Veränderungen zu so einer Abwertung führen.

Für mich sind Aktien gesunder Unternehmen, die von großen Infrastrukturprojekten profitieren, oft die bessere Wahl für den Anleger. Mit einem langfristigen Investment in Aktien habe ich die direkte, einfach verständliche und kostengünstige Option, mir künftige Ertragspotentiale zu erschließen. Falls eine Diversifikation mit Einzelaktien aufgrund der Anlagesumme nicht sinnvoll ist, können entsprechende kostengünstige ETFs zielgerichtet ausgewählt werden.   

Geeignete Zielgruppe und Fazit

Für wen sind ELTIFs somit geeignet? In erster Linie als Beimischung für große Vermögen, die bereits eine spürbare Summe in liquide Anlagen, wie Aktien, Anleihen oder Gold, investiert haben. Grundsätzlich sollten Anleger die Komplexität des Produktes verstehen. Sie sollten die Kosten und die eingeschränkte Liquidität berücksichtigen und ihre Risikobereitschaft prüfen. ELTIFs bieten Chancen, aber auch Risiken. Eine differenzierte Herangehensweise ist entscheidend.

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