Neobroker: Zwei weitere Jahre Schonfrist für umstrittene Bezahlpraxis

Neobroker: Zwei weitere Jahre Schonfrist für umstrittene Bezahlpraxis


Neobroker wie Trade Republic, Justtrade oder auch Scalable bieten Gratis-Transaktionen bei Wertpapieren. Das dahinterstehende Vergütungsmodell hat die EU nun verboten.

In Deutschland gilt aber noch eine Schonfrist von zwei Jahren: Die deutsche Finanzaufsicht Bafin teilte mit, dass sie in den kommenden Monaten nicht gegen Wertpapierfirmen vorgehen werde, die gegen das europaweit bestehende Verbot von “Payment for Order Flows” (PFOF) verstoßen. Diese Entscheidung solle so lange Bestand haben, bis das deutsche Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sei, in dem die nationale Ausnahme vom PFOF-Verbot bis Mitte 2026 geregelt wird.

Worum geht es?

Unter PFOF versteht man eine gerade bei Neobrokern verbreitete Vergütungspraxis, bei der die Broker Kundenaufträge an größere Wertpapierhändler weiterleiten, die die Order auf ihren eigenen Handelsplattformen platzieren statt direkt an der Börse. Für diesen Vorgang erhalten die Neobroker eine Provision und können daher Kunden mit dem Angebot von sehr günstigen oder sogar Gratis-Transaktionen werben – ein Wettbewerbsvorteil gegenüber traditionellen Banken und Finanzdienstleistern.

Diese Praxis hat die EU nun im März wegen Interessenkonflikten untersagt. Das Verbot gilt nach 20 Tagen seit der Verkündung im Amtsblatt. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union können aber bis zum 30. Juni 2026 davon abweichen. Von dieser Möglichkeit wird Deutschland Gebrauch machen. Das Bundesministerium der Finanzen hat der Bafin erklärt, dass Deutschland PFOF für Wertpapieraufträge von in Deutschland ansässigen oder niedergelassenen Kunden bis zum 30. Juni 2026 noch zulässt. Dagegen ist PFOF für die Weiterleitung von Aufträgen von Kunden aus dem Ausland nicht mehr möglich.

Infografik: Neobanken und –broker noch weitgehend unbekannt | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Unsere Einschätzung:

Wer braucht eigentlich Neobroker? Offensichtlich wird da gut geschmiert;  anders kann man die Schützenhilfe aus der Politik nicht verstehen. Sonst wird immer nach größtmöglicher Transparenz und Aufklärung am Finanz- und Kapitalmarkt gerufen. Es wurden schon Anlageverträge für nichtig erklärt, weil der Kunde nicht darüber aufgeklärt wurde, dass Finanzvermittler Provisionen von Produktgesellschaften erhalten. PFOF ist nichts anderes. Sehr zweifelhaft, dass irgendein Endkunde von dem Begriff schon mal was gehört hat. PFOF ist völlig intransparent. Weder ist nachvollziehbar, was da im Hintergrund fließt, noch kann ein Vergleich erstellt werden, ob es für den Kunden nicht günstiger gewesen wäre, seine Order an der Börse oder anderweitig zu platzieren.

Es liegt vielmehr der Verdacht nahe, dass die Neobroker nicht unbedingt mit dem – aus Kundensicht – günstigstem Partner zusammenarbeiten, sondern mit demjenigen, der die größten Provisionen zahlt, um mit möglichst aggressiven Konditionen werben zu können. Mit der gleichen pauschalen Unterstellung wurden übrigens bereits vor Jahren alle Berater konfrontiert, die (mit Kundenwissen) auf Provisionsbasis arbeiten, um sie in die Honorarberatung zu drängen.

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