Anlagechancen aus dem Ländle – die geheimen Mittelstands-Stars mit Potenzial

Anlagechancen aus dem Ländle – die geheimen Mittelstands-Stars mit Potenzial


Gerade in Baden-Württemberg gibt es besonders viele Weltmarktführer und für Anleger weitere interessante Unternehmen, die noch nicht jeder kennt. Mit kleineren Börsenwerten können aber sowohl Chancen als auch Risiken steigen.

Inhalt:

Baden-Württemberg ist berühmt für seine Weltmarktführer. In keinem anderen deutschen Bundesland gibt es mehr (s. Tabelle). Aber für Anleger sind dabei nicht immer nur die bekannten Börsenriesen wie Mercedes Benz, Porsche oder SAP interessant. „Bei den großen Dax-Werten beschäftigen sich ständig Heerscharen von Analysten mit den Titeln“, sagt Alexander Späth, Leiter Portfoliomanagement und Research bei der KIDRON Vermögensverwaltung GmbH aus Stuttgart, „bei kleineren Börsenwerten ist das anders und dadurch bieten sich manchmal sehr interessante Möglichkeiten.“ Das heißt: Gut informierte Investoren können auch mal einen Informationsvorsprung haben oder einen aussichtsreichen Kandidaten entdecken, bevor er allen auffällt. Aber wo könnte sich ein attraktives Chance-Risiko-Verhältnis quasi direkt vor der Haustür verbergen und welche nicht ganz so bekannten Namen aus „The Länd“ könnten im Depot glänzen?

Chancen aus Bietigheim-Bissingen oder Neckarsulm

Grundsätzlich sollten Anleger beachten, dass es gerade bei kleineren Werten an der Börse auch schnell zu heftigen Kursschwankungen kommen kann. Wer hier sein Geld arbeiten lassen möchte, muss Geduld mitbringen, darauf warten zu können, dass sich eine gute Startposition auszahlt oder laufende Umstrukturierungsmaßnahmen wirken. „Ein typisches Beispiel ist Dürr aus Bietigheim-Bissingen“, sagt Investmentfachmann Alexander Späth, „das Unternehmen ist mittlerweile mehr als nur ein Automobilzulieferer wie noch vor 10 Jahren.“ Neben der Holzverarbeitung mit HOMAG erweiterte das ur-schwäbische Unternehmen sein Produktportfolio auch um die Automatisierungsexperten Teamtechnik aus dem benachbarten Freiberg am Neckar und Hekuma sowie BBS Automation in Bayern.

Interessanterweise kommen mittlerweile rund ein Drittel der Umsätze aus dem Servicebereich. Ein großer Teil dieser Wartungsverträge bringt nicht nur sehr gute Margen, sondern läuft über mehrere Jahre. „Genau diese Art von wiederkehrenden Umsätzen suchen wir für unsere Kunden“ so Vermögensverwalter Späth. „Aktuell befindet sich Dürr wieder eher in einem Übergangsjahr, aber das Unternehmen verbreitert gerade seine Geschäftsbasis und kann eine sehr gesunde Bilanz vorweisen“, sagt Späth. Mit der heutigen Bewertung könnte das langfristig ein Kandidat mit attraktivem Kurspotenzial sein. Ähnliches könnte auch für Bechtle zutreffen, denn als IT-Systemhaus für den Mittelstand haben die Neckarsulmer eine ganz besondere Positionierung in Zeiten der Digitalisierung. Quasi über alle Branchen hinweg muss hier von Jahr zu Jahr immer mehr investiert werden. Die Ausgaben für Hardware bis hin zur Cybersicherheit steigen und Bechtle profitiert genau von diesem Trend. In der Corona-Zeit kam es durch die plötzlich nötigen IT-Investitionen rund um den Homeofficebereich zu Kursübertreibungen bei Bechtle. „Heute ist die Aktienbewertung dagegen wieder viel gesünder und mit einer langfristigen Perspektive vor dem Hintergrund der stabilen Wachstumstreiber interessant“, erklärt Alexander Späth. Gerade im digitalen Bereich könnten sich künftig viele Chancen bieten.

Stars aus Stuttgart und Metzingen

Denn ohne digitale Strategie ist die Zukunft in fast allen Bereichen kaum mehr vorstellbar und in manchen sind große Investitionen quasi zwingend. „Auch wenn es viele nicht glauben können, gerade im Finanz- und Versicherungsbereich gibt es einen enormen digitalen Nachholbedarf“, weiß Alexander Späth. Die Migration der Daten hin zu Cloud-Lösungen fängt erst an. Das IT-Business-Consulting des Stuttgarter Unternehmens GFT Technologies ist genau hier aktiv. GFT ist als Spezialist für die Finanzbranchen bestens aufgestellt, um von den dort nötigen massiven Investitionen in digitale Infrastruktur zu profitieren. Wie wichtig das selbst im Modebereich ist, hat Daniel Grieder erkannt, als er 2021 das Ruder bei Hugo Boss übernahm. Die Metzinger Luxusmarke wirkte etwas altbacken, bis er den Konzern zurück auf die Erfolgsspur führte. Grieder verjüngt die Zielgruppe, nutzt offensiv digitale Kanäle und spricht gleichzeitig ein zahlungskräftiges internationales Publikum an“, sagt Alexander Späth, „und mit der neuen Positionierung und Linien ist Hugo Boss wieder ein potenzielles Schmuckstück im Depot.“ Natürlich sind das nur wenige Beispiele von interessanten Unternehmen, die Profis derzeit in Baden-Württemberg im Blick haben und interessante Perspektiven sind noch lange keine Garantie für Börsengewinne. Aber wer nach aussichtsreichen Kandidaten fürs Depot sucht, muss nicht in die Ferne ziehen. Anleger sollten jedoch bereit sein, Bilanzen zu studieren und Zukunftsperspektiven abzuschätzen oder sich beraten lassen, damit langfristig die Wertentwicklung stimmt.

Interview: „Attraktive Aktien? Die gibt es auch bei uns in Baden-Württemberg.“

Alexander Späth von Kidron
Alexander Späth, Leiter Portfoliomanagement und Research bei der KIDRON Vermögensverwaltung GmbH aus Stuttgart, findet interessante Investmentziele gerade oft quasi direkt vor der eigenen Haustür und das ist kein Zufall.

Alexander Späth: In Baden-Württemberg gibt es schon seit Jahren enge Kooperationen zwischen der Wirtschaft und den Hochschulen. Es entstehen immer wieder forschungsfreundliche Cluster auch außerhalb der Landeshauptstadt Stuttgart wie etwa in Karlsruhe, Ulm oder Heilbronn, die von der Politik gefördert werden. Das schafft insgesamt ein innovationsfreundliches Umfeld und führt dann letzten Endes auch dazu, dass sich Start-Ups gerne dort ansiedeln, wo sie ihren Ursprung haben. Unter anderem das macht Baden-Württemberg für begehrte Fachkräfte zu einem attraktiven Lebensmittelpunkt. Hinzu kommt auch die trotz der Nachteile eines Flächenbundeslands vergleichsweise gut ausgebaute Infrastruktur und die voranschreitende digitale Vernetzung.

Alexander Späth: Die Streuung von Risiken ist sicher ein guter Grundsatz bei Investitionen. Deswegen ist es richtig, nicht ausschließlich nur auf heimischem Boden aktive Unternehmen zu setzen, um kein Klumpenrisiko einzugehen. In erster Linie suchen wir aber nach qualitativ hochwertigen Investmentzielen, mit einer gesunden Bilanz und einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell, die günstig bewertet sind und Wachstumsmöglichkeiten wahrnehmen können. Hier bieten sich gerade einige langfristig attraktive Chancen mit Firmensitz direkt vor der Haustür an. Ob das wirklich ein gemeinsames Risiko ist, hängt weniger von der Postanschrift ab, sondern davon, wo diese Unternehmen ihre Märkte haben und ist dann Teil einer genauen Analyse.

Alexander Späth: Tatsächlich ist die Stimmung in Deutschland gerade nicht gut und auch manche Zahlen etwa aus der Industrie bieten keinen Anlass zur Freude. Aber so ein Umfeld muss für Investoren nicht unbedingt von Nachteil sein. Gute Unternehmen bekommen Sie nicht zu günstigen Preisen, wenn allseits Sonnenscheinstimmung herrscht, sondern eher, wenn Regenwetter erwartet wird und es auch mal stürmt. Einige dieser Aktienwerte haben nicht zuletzt aufgrund der schwachen Aktienkursentwicklung vorwärtsgerichtet eine vergleichsweise anspruchslose Bewertung. Je nach Entwicklung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung könnte hier interessantes Potenzial liegen.

Alexander Späth: Der immer weiter zunehmende Aufwand, um regulatorische Vorgaben zu erfüllen, belastet viele mittlere aber gerade auch kleinere Unternehmen. Oft dienen heute Neueinstellungen gar nicht mehr dazu, mehr Umsatz zu erzielen. Sondern die händeringend gesuchten Fachkräfte werden dazu eingesetzt, den Verwaltungsaufwand für neue Vorgaben zu bewältigen. Dieser Bürokratie-Wahnsinn ist natürlich auf Dauer schädlich für Investitionen in unserem Land.

Alexander Späth: Viele unserer Mittelständler machen gute Geschäfte mit den USA und China. Sollte sich hier der Handelskonflikt ausweiten oder sogar Schlimmeres entwickeln, wäre das sicher eine Belastung. Auch die nicht mehr so unwahrscheinliche erneute Wahl Donald Trumps zum amerikanischen Präsidenten könnte den transatlantischen Handel etwa durch neue Zölle beschränken. Das würden sicherlich auch Unternehmen, die in Deutschland produzieren und in die USA exportieren, zu spüren bekommen.

Alexander Späth: Die Stimmung ist vielleicht derzeit nicht die beste, aber wir sollten auch nicht alles schlecht reden. Wir sind in vielen Bereichen Weltmarktführer und oft sind deutsche Produkte oder Maschinen aus den globalen Produktionsketten praktisch nicht wegdenkbar. Gerade in Baden-Württemberg sitzen viele Unternehmen, ohne deren Komponenten, Produkte oder Knowhow es auf der ganzen Welt in vielen Bereichen nicht rund laufen würde, weil sie nicht einfach ersetzt werden können. Diesen Vorsprung sollten wir nicht klein reden, sondern eher daran arbeiten, ihn wieder auszubauen.

Servicekasten: Ranking der deutschen Bundesländer nach Weltmarktführern

Baden-Württemberg beheimatet nicht nur in absoluten Zahlen die meisten global führenden Unternehmen als Bundesland. Auch die Dichte pro einer Million Einwohner ist mit 34,3 Weltmarktführern wesentlich höher als anderswo in Deutschland.

RankingBundeslandAnzahl WeltmarktführerAnzahl Weltmarktführer auf 1 Mio. Einwohner
1Baden-Württemberg38734,3
2Nordrhein-Westfalen37720,8
3Bayern29622,1
4Hessen11217,5
5Niedersachsen789,6
6Rheinland-Pfalz6114,7
7Schleswig-Holstein5117,3
8Hamburg3317,4
9Berlin277,2
10Sachsen194,6
11Thüringen115,2
12Bremen1014,6
13Saarland55
14Brandenburg41,6
15Mecklenburg-Vorpommern31,8
16Sachsen-Anhalt31,4
Quelle: DDW, Stand 5.2.2024

Mehr Depotdynamik durch kleine und mittlere deutsche Werte

Wer in den letzten 15 Jahren in deutsche Aktienwerte investiert war, hat so oder so keine schlechte Entscheidung getroffen. Egal ob die großen Unternehmen des Dax oder die kleinen und mittleren des SDax bzw. MDax im Depot lagen, waren im Schnitt sehr ordentliche Gewinne möglich. Gut zu wissen: In diesem Zeitraum war selbst unter Miteinberechnung von Dividendenausschüttungen ein Investment unterhalb der bekannten Dax-Unternehmen noch erfolgreicher und brachte Anlegern mehr Gewinndynamik.

Infografik: Prognose von 61,9 Milliarden: DAX-Dividenden steigen 2023 | Statista Quelle: Statista

Tabelle: 6 interessante Small– und Midcaps-Fonds

Grundsätzlich bietet es sich an, Indizes über einen börsengehandelten Indexfonds ins Depot zu holen und so günstig auf viele Werte, statt nur einzelne zu setzen. Allerdings ist das bei einem geplanten Investment in kleinere bis mittlere Börsenwerte (englisch: Small and Mid Caps) nicht unbedingt zielführend. Denn in einem Index sind meist automatisch die größeren Werte stärker vertreten. Das heißt, wer etwa einen MDax-ETF kauft, bekommt zum Beispiel mit je über fünf Prozent Lufthansa und Fresenius Medical Care ins Depot und damit eher keine potenziellen Überraschungskandidaten.

NameISINGesamtkostenquote (TER) p.a.*Performance 5 Jahre
iShares MDAX UCITS ETFDE00059339230,51 %0,8 %
Allianz German Small and Micro CapLU18832976470,66 %41,3 %
Lupus alpha Smaller German ChampionsLU01292330931,65 %33,4 %
Funds Stockpicker Germany Small/Mid CapLU02079470441,68 %27,8 %
DWS German Small/Mid CapDE00051524091,41 %11,3 %
Warburg Fonds Small&Midcaps DeutschlandDE000A0RHE281,75 %10,0 %
  Quelle: comdirect.de, Stand 18.3.24, *je nach Depotbank können hier beim Kauf noch Ausgabeaufschläge dazu kommen

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