Steuersparmodell: Erwachsene Erben einfach adoptieren?

Steuersparmodell: Erwachsene Erben einfach adoptieren?


Bei der Schenkung- und Erbschaftsteuer haben Kinder hohe Freibeträge und das gilt auch für die, die im Erwachsenenalter adoptiert werden. Tatsächlich können so sechsstellige Beträge gespart werden, aber nicht in jedem Fall wird das von Gerichten durchgewunken.

Inhalt:

  1. Steuersparmodell Adoption
  2. Tabelle: Freibeträge und Steuersätze bei einer Erbschaft
  3. Rechenbeispiel: Was kann eine Erwachsenadoption bei einer Million Erbe sparen
  4. Interview: mit Carolin Vogel, CHP: Wie läuft eine Erwachsenadoption konkret ab und was sind typische Fallstricke?

Es klingt nach dem perfekten Steuersparmodell für größere Erbschaften außerhalb des engsten Familienkreises: Erwachsenadoption. Denn egal, ob selbst gezeugt oder angenommen, bei Kindern gelten relativ hohe Freibeträge von 400.000 Euro und auch die Steuersätze für darüber liegende Summen sind vergleichsweise moderat: Je nach Erbschaft liegen sie bei 7 bis 15 Prozent und steigen erst im Millionenbereich auf bis zu 30 Prozent. Wird dagegen Vermögen an eine nicht verwandte Person übertragen, ist das erheblich ungünstiger: Der Freibetrag liegt dann nur bei 20.000 Euro und wird der überstiegen, muss gleich 30 Prozent abgeführt werden. Im zweistelligen Millionenbereich steigt das sogar auf 50 Prozent. Also Erben einfach adoptieren und sparen?

Voraussetzung: Enges familiäres Verhältnis

Auch wenn das in der Regenbogenpresse – etwa beim sechsfachen Adoptivvater Prinz Frédéric von Anhalt – anders klingt: Eine Erwachsenenadoption ist nicht immer einfach so möglich. Tatsächlich reicht es dafür nicht, mal schnell zum Notar zu gehen, sondern das zuständige Familiengericht muss der Adoption zustimmen. Voraussetzung dafür ist, dass das familienbezogene Motiv für die Adoption im Vordergrund steht. Kriterien für das familienbezogene Motiv sind zum Beispiel, dass ein enges familiäres Verhältnis vorliegt, der Altersabstand angemessen ist (mindestens 12 Jahre und maximal 50 Jahre) und nicht nur steuerliche Optimierungsgedanken im Vordergrund stehen. So wurde 2022 zum Beispiel entschieden, dass über 80-jährige Urgroßeltern nicht einfach ihren 23 Jahre alten Urenkel trotz Zustimmung der leiblichen Mutter adoptieren können. Der Altersabstand sei zu groß für ein „Eltern-Kind-Verhältnis“ und „es gebe zudem Anhaltspunkte dafür, dass es vorwiegend um eine günstige Regelung des Nachlasses gehen solle“, hieß es unter anderem in der Presseerklärung des Oberlandesgericht Oldenburg. Anders sehe die Sache sehr wahrscheinlich zum Beispiel aus, wenn ein Kind bei der Tante aufwächst oder Pflegeltern ihren Schützling nach dem 18. Geburtstag adoptieren wollen.

Die aktuellen Freibeträge und Steuersätze für Erbschafts- und Schenkungssteuer

 SteuerklasseFreibeträge
Ehegatten/Lebenspartner        I500.000 €
Kinder  I400.000 €
Enkel  I200.000 €
Eltern, Großeltern, Urenkel  I100.000 €
Nichten/Neffen, Geschwister, geschiedene Eheleute  II20.000 €
Andere Personen  III20.000 €
Stand Februar 2024; Quelle: ErbStG

Steuersätze Erbschaftssteuer

 Erbschaft bisSteuerklasse ISteuerklasse IISteuerklasse III
75.000 Euro7 %15 %30 %
300.000 Euro11 %20 %30 %
600.000 Euro15 %    25 %30 %
6.000.000 Euro19 %30 %30 %
13.000.000 Euro23 %35 %50 %
26.000.000 Euro27 %40 %50 %
mehr als 26.000.000 Euro30 %43 %50 %
Steuerklasse I: Ehepartner/eingetragene Lebenspartner, Kinder
Steuerklasse II: Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, geschiedene Ehegatten
Steuerklasse III: alle anderen Angehörigen
Quelle: ErbStG

Schwache und starke Adoption

Hier gibt es dann sogar zwei Optionen: Die sogenannte schwache oder starke Adoption. Kurz gesagt, bei der „starken“ Adoption erlischt rechtlich das Verhältnis zu den leiblichen Eltern und die Adoptivfamilie wird zur vollwertigen Ersatzfamilie mit allen Rechten und Pflichten. Deshalb müssen bei einer “starken” Adoption auch die leiblichen Eltern zustimmen. Bei der „schwachen“ Adoption kommen zu den weiter bestehenden leiblichen Verwandtschaftsverhältnissen quasi nur die zusätzlichen neuen Eltern hinzu. Steuerlich betrachtet bedeutet das, das Adoptivkind könnte von seinen dann bis zu vier Elternteilen erben und jedes Mal den Freibetrag von 400.000 Euro nutzen. Wichtig zu wissen: Es bestünde dann aber auch bis zu viermal Unterhaltsverpflichtung, wenn die Eltern pflegebedürftig werden – egal, ob die leiblichen oder die angenommen Eltern.

Besser beraten lassen

Weniger Gedanken müssen sich dagegen Eltern mit Stiefkindern machen. Denn die Kinderfreibeträge gelten hier auch ohne Adoption. Allerdings zählen Stiefkinder trotzdem nicht zu den gesetzlichen Erben. Das heißt, sie genießen zwar den Vorteil der hohen Freibeträge für Kinder, aber werden sie nicht testamentarisch bedacht gehen sie im Zweifelsfall ganz leer aus. Wer in anderen Konstellationen mit dem Gedanken einer Erwachsenadoption schwanger geht, sollte sich beraten lassen, um vorab alle Voraussetzungen und Folgen abzuklären. So können zum Beispiel Ehepaare erst ab einem Mindestalter und nur gemeinschaftlich jemanden annehmen, „starke“ Adoptionen Erbansprüche erlöschen lassen oder die Pflicht zur Annahme des neuen Familiennamens bestehen. Sollen Fremde oder weitschichtige Verwandte bedacht werden, gibt es durchaus noch andere Optionen, dies steuergünstig zu gestalten. Zum Beispiel Versicherungslösungen, die erst im Todesfall ausgezahlt werden, oder frühzeitige Schenkungen mit Nießbrauchvorbehalt, die den Wert des übertragenen Vermögens in steuerlicher Hinsicht verringern. Erwachsenadoption ist hier nur eine von vielen Möglichkeiten, Erbschaftsteuern zu sparen.

Rechenbeispiel: Was kann eine Erwachsenadoption bei einer Million Erbe sparen

Bedingung: die Freibeträge sind noch voll vorhanden

Erbschaftsteuer Adoptierter (wie Sohn/Tochter)Erbschaftsteuer nicht verwandte Person
Freibetrag: 400.000 EURFreibetrag: 20.000 EUR
Steuerklasse I: 15 % Erbschaftsteuer von 600.000 EURSteuerklasse III: 30 % Erbschaftsteuer von 980.000 EUR
= 90.000 EUR= 294.000 EUR

Webinar-Aufzeichnung: Testament & Co – 8 Tipps zum richtigen Vererben

Wer klug ist, nutzt die Gestaltungsmöglichkeiten zu Lebzeiten, um die Erbschaftssteuer zu reduzieren oder zu vermeiden. Beim Webinar gibt es wertvolle Tipps. Dr. Rafael Hörmann, Gründungspartner der Kanzlei CHP in München sowie Fachanwalt für Steuerrecht, erläutert, warum es so wichtig ist, dass man schon zu Lebzeiten, den Vermögensübergang auf die nächste Generation regelt. Mit Vermögensverwalter Andreas Glogger ist er sich einig: „Je früher, desto besser.“

Die Referenten:
– Dr. Rafael Hörmann ist Gründungspartner der Kanzlei CHP und als Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Steuerrecht in Deutschland zugelassen. Darüber hinaus ist er zertifizierter Stiftungsberater und Experte für Nachfolgeplanung und Vermögensvererbung.
– Andreas Glogger ist seit dem Jahr 2002 Geschäftsführender Gesellschafter der Glogger&Partner Vermögensverwaltung. Seit einigen Jahren ist er Dozent an der School of Finance in Frankfurt.

Interview mit Carolin Vogel, CHP: Wie läuft eine Erwachsenadoption konkret ab und was sind typische Fallstricke?

Carolin Vogel, CHP

Carolin Vogel ist seit 2018 angestellte Rechtsanwältin und Fachanwältin für Steuerrecht in der Kanzlei CHP. Sie ist vor allem auf den Gebieten des Steuerrechts, des Erbrechts, des Gemeinnützigkeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts für ihre Mandanten tätig. Zudem ist sie zertifizierte Stiftungsberaterin. Schwerpunkt und Spezialisierung: Steuerrecht, Erbrecht, Allgemeines Zivilrecht, Gemeinnützigkeitsrecht und Gesellschaftsrecht. 

Sofern sich die Adoptiveltern und der zu adoptierende Erwachsene einig sind, ist ein Notar aufzusuchen, da der Adoptionsantrag notariell zu beurkunden ist. Der notariell beurkundete Adoptionsantrag ist dann beim Familiengericht einzureichen. Die typischen Fallstricke sollten bereits vorher durch eine Beratung eines Rechtsanwalts ausgeräumt sein, wie zum Beispiel der zu beachtende Altersabstand und das Hervorheben des familienbezogenen Motivs der Adoption, etc.

Die Freibeträge sind bei Kindern höher als bei nicht verwandten Personen und können alle zehn Jahre ausgeschöpft werden. Daher lohnt sich eine ich Erwachsenenadoption nicht nur für Multimillionäre, sondern für alle Personen, die Vermögen übertragen wollen und ein entsprechendes Verhältnis zwischen den Personen besteht. Aufgrund der höheren Freibeträge können auch bestimmte Gestaltungsmöglichkeiten gewählt werden, um das Vermögen zu übertragen.

Bestenfalls ein Rechtsanwalt für Erbrecht/Familienrecht/Steuerrecht und der zuständige Steuerberater.

Dass das Vermögen nicht wie gewünscht übertragen werden kann und zu viel Erbschaftsteuer zu bezahlen ist. Durch die hohe anfallende Erbschaftsteuer kann es sein, dass der Nachlass in seiner Gesamtheit nicht erhalten bleiben kann, sondern teilweise veräußert werden muss, um die Erbschaftsteuer bezahlen zu können.

Möglicherweise um Konflikten mit den leiblichen Eltern aus dem Weg zu gehen, da die leiblichen Eltern bei einer starken Adoption der Adoption zustimmen müssen. Eventuell soll auch das Verhältnis zu den leiblichen Eltern juristisch nicht vollständig gekappt werden. Der Freibetrag zu den leiblichen Eltern geht im Fall einer starken Adoption verloren.

Nach einer entsprechenden Beratung der Adoptiveltern und dem zu adoptierenden Erwachsenen durch einen Rechtsanwalt ist ein Notar aufzusuchen, da der Adoptionsantrag notariell zu beurkunden ist. Der beurkundete Adoptionsantrag ist dann beim Familiengericht gemeinsam durch die Adoptiveltern und den zu adoptierenden Erwachsenen einzureichen. Bei einer schwachen Adoption ist die Zustimmung der Adoptiveltern sowie des zu adoptierenden Erwachsenen notwendig und natürlich die Zustimmung des Familiengerichts, das letztlich über den Adoptionsantrag entscheidet.

Es ist mit einem Zeitraum von sechs Monaten bis zu einem Jahr zu rechnen. Da der Adoptionsantrag notariell zu beurkunden ist, fallen zunächst Notarkosten an. Sobald der notariell beurkundete Adoptionsantrag beim Familiengericht eingereicht ist, fallen zudem Gerichtskosten an.  Diese berechnen sich individuell, da sie sich nach dem Einkommen und dem Vermögensverhältnissen der Adoptiveltern bestimmen und sich danach der Verfahrenswert bestimmt.

Erbengemeinschaften: Konfliktpotenziale erkennen

Nur jeder fünfte Erbe wird vom Erblasser allein und damit konfliktfrei bedacht. Die große Mehrheit der Erben findet sich in einer Erbengemeinschaft wieder. Je mehr Erben Mitglied einer Erbengemeinschaft sind, umso mehr Streitherde keimen auf. Nicht selten zerbrechen Familien daran. Trotz ihrer überragenden volkswirtschaftlichen Bedeutung ist über Erbengemeinschaften wenig bekannt. Das beginnt bereits bei der statistischen Erhebung entsprechender Daten. Diese Lücke schließt das Dossier, das vom Deutschen Institut für Altersvorsorge (DIA) in Zusammenarbeit mit der Firma ErbTeilung erstellt wurde. Hier erhalten Sie das Dossier unseres Netzwerkpartners DIA als eBook mit den zahlreichen statistischen Daten und Schlussfolgerungen.

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