Alternatives Erben: Was tun mit Schmuck, Kunst, Briefmarken, Münzen, Wein oder einen Schlüssel zu einem geheimen Schließfach in der Schweiz?

Alternatives Erben: Was tun mit Schmuck, Kunst, Briefmarken, Münzen, Wein oder einen Schlüssel zu einem geheimen Schließfach in der Schweiz?


Nicht selten werden nicht nur Barvermögen, Aktien und Immobilien vermacht, sondern auch mehr oder weniger wertvolle Sammlungen und Schätze. Aber wieviel ist so etwas wirklich wert, sollte es lieber gleich verkauft werden oder im Familienbesitz verbleiben?

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Manche Erbschaft fällt anders aus, als erwartet und sorgt eventuell für Stirnrunzeln: So dürfte es zumindest William Shakespeares Frau gegangen sein, als ihr der berühmte Dichter in seinem Testament nur „das zweitbeste Bett“ vermachte. Aber auch heutige Erbschaften können sich zur Herausforderung entwickeln. „Den Wert einer liebevoll zusammengetragenen Kunstsammlung oder eines gut gefüllten Weinkellers selbst zu bestimmen, kann sehr aufwendig sein“, erzählt Christian Sammet, Geschäftsführer beim Schwäbisch Haller Vermögensverwalter Wealthgate GmbH Family Office. Er empfiehlt, sich hier an echte Sachverständige zu wenden und die finden sich nicht unbedingt im Fachgeschäft um die Ecke. „Wir haben etwa die Erfahrung gemacht, dass zum Beispiel die Angebote für Münzsammlungen von lokalen Händlern oft bis zu 50 Prozent unter dem wirklich erzielbaren Wert lagen.“ Er rät Erben von nicht so einfach einzuschätzenden Sammlungen auf jeden Fall dazu, mehr als eine Meinung einzuholen und nicht zu enttäuscht zu sein, wenn sich ein vom Erblasser gut gehüteter Schatz als Schrott herausstellt.

Briefmarkenalben und Münzsammlungen

Grundsätzlich sollten Betroffene geerbte Sammlungen zunächst möglichst im Originalzustand lassen. Denn die Art der Aufbewahrung und Zusammenstellung kann einen Einfluss auf den möglichen Verkaufswert haben. Aber auch wenn es Ausnahmen wie die „Blaue Mauritius“ gibt, wird nicht jede Briefmarke im Millionenbereich gehandelt. Sogar die allermeisten Sammlungen von Wertzeichen von Postkarten und Co. dürften nicht viel einbringen oder sogar unverkäuflich sein. Deswegen macht es Sinn, am besten noch zu Lebzeiten mit dem Sammler zu sprechen, welche Stücke er für die wertvollsten hält. Am besten ist es, Bilder dieser „Highlights“ an ein paar Experten zu schicken. Wenn diese da schon abwinken, haben Erben sehr wahrscheinlich auch mit dem restlichen Sammelsurium keinen Lottogewinn zu erwarten. Bei Münzsammlungen sollte zudem der Materialwert gerade bei Edelmetallen wie Gold und Silber nicht unterschätzt werden. Der Goldankäufer im Bahnhofsviertel und selbst das Fachgeschäft am Ort sind aber wahrscheinlich eher nicht die beste Anlaufstation für einen Verkauf.

Schmuck und Edelmetalle

Wer schon einmal versucht hat, beim lokalen Juwelier ein wertvolles Erbstück zu verkaufen, kann das sicher bestätigen: Die angebotenen Preise liegen meist weit unter den Erwartungen. Natürlich muss auch ein Juwelier von etwas leben und hat keine Verkaufsgarantie, gerade für Stücke, die nicht mehr so in Mode sind. Aber spätestens, wenn das Angebot deutlich unter dem Wert für die enthaltene Edelmetalle liegt, gibt es woanders bessere Optionen. Scheideanstalten, die Gold, Platin, Silber und Co. aus Schmuckstücken recyclen, bieten bessere Preise sehr nahe am tagesaktuellen Weltmarktkurs. Sie haben zudem oft auch ganz andere Analysemöglichkeiten, wenn zum Beispiel kein Stempel für den Goldgehalt zu finden ist oder Legierungen verwendet wurden. Ist es eher die kunstfertige Machart, die ein Schmuckstück besonders erscheinen lässt, könnte auch ein renommiertes Auktionshaus, das viele Interessenten anzieht, trotz Provision eine gute Option für einen vorteilhaften Verkauf sein.

Oldtimer

Für manche ist es das Größte, am Wochenende unter einem alten Auto zu liegen und den liebevoll restaurierten Oldtimer auf Ausfahrten zu präsentieren. Tatsächlich gibt es hier einen interessanten Markt. Entsprechend seltene und top gepflegte Mobile können sehr ordentliche Wertsteigerungen haben. Wer einen Sinn für die Technik und Faszination von Autoklassikern hat, kann hier Hobby und Investment durchaus sinnvoll verbinden. „Oldtimer müssen aber regelmäßig gewartet und bewegt werden. Den finanziellen und zeitlichen Aufwand sollten Erben nicht unterschätzen“, sagt Michael Blanz, Vorstand beim Vermögensverwalter ALPS Family Office AG aus Dietmannsried im Allgäu: „Wer daran keinen Spaß hat, sollte nicht ewig mit einem Verkauf warten.“

Weinkeller, Whiskysammlung und Kunstwerke

Im Keller und an der Wand kann Erben alles erwarten, denn tatsächlich gibt es Weine, Whiskyflaschen und Artobjekte, die als Sachwertinvestment bestens funktionieren. „Mit eigener Expertise kann so ein alternatives Investment eine interessante Beimischung eines Vermögensaufbaus sein“, sagt ALPS-Vermögensexperte Michael Blanz. Zum Beispiel wenn der Erblasser jedes Jahr sehnsüchtig auf die Subskription im Bordeaux spekulierte und die vorbestellten Weine nach der Lieferung im professionell klimatisierten Weinkeller einlagerte. Oder seltenste Flaschen legendärer schottischer Destillen nicht zum Trinken im Regal, sondern eher im Tresor aufbewahrte. Auch bei Kunstwerken hat so mancher Privatsammler dank gutem Geschmack vor Jahrzehnten auf die richtigen Talente gesetzt und heute sind die Objekte ein Vielfaches wert. Wer solche Schätze vermutet, sollte unbedingt einen fachkundigen Gutachter zu Rate ziehen. Aber der häufigste Fall im Keller sind leider doch völlig überlagerte Weine geringerer Qualität, die sich im allerbesten Fall eventuell noch trinken lassen. Genauso wie sich in der Standardschnapsbar meist eher die üblichen Verdächtigen wie Dimpel, Johnny Walker und Co. finden, die zumindest auf das Vermögen keine berauschende Wirkung haben dürften. Auch der klassische röhrende Hirsch im Wohnzimmer ist in der Regel eher etwas für den Flohmarkt als fürs Museum.

Geheimes Schließfach oder vergrabener Schatz

Manches Erbe bringt auch die eine oder andere Überraschung zu Tage. Da tauchen plötzlich versteckte Goldmünzen auf oder der Schlüssel zu einem bisher unbekannten Bankschließfach in der Schweiz. „Hier ist es ratsam, solche Schätze und geheimen Verstecke nur in Begleitung eines unabhängigen Zeugen zu öffnen“, rät Wealthgate-Fachmann Christian Sammet. Denn sonst ist es später schwer nachzuweisen, was genau hier versteckt wurde und wer dafür die Verantwortung trägt. Um keine Probleme zu bekommen, sollte am besten ein Steuerberater zu Meldepflichten und Co. befragt werden. Denn nicht nur andere Erbberechtigte, sondern auch das Finanzamt haben nicht selten größtes Interesse gerade an solchen Geheimnissen.

Interview: Sammlerwerte sind ein Investment für Experten“

In Oldtimern, edlen Tropfen und Kunst sollte sicher nicht das gesamte Vermögen stecken. Aber als Beimischung kann ein leidenschaftliches Hobby durchaus auch ein gute Anlageform sein, sagt Michael Blanz, Vorstand beim Vermögensverwalter ALPS Family Office AG aus Dietmannsried im Allgäu.

Sind alternative Investments wie Sammlerwhisky oder Gemälde nur etwas für Millionäre?

Blanz: Das lässt sich so nicht sagen. Wenn jemand eine besondere Leidenschaft und Expertise hat, kann das auch bei begrenztem Kapital als Geldanlage Sinn machen. Wenn beispielsweise ein Fachmann für Oldtimer genau die Wertentwicklung eines bestimmten Fahrzeugs einschätzen kann, ist es für ihn eventuell auch bei überschaubaren Ersparnissen sinnvoll, bei einem guten Angebot zuzugreifen. Niemand sollte aber allein auf so etwas zum Beispiel als Altersvorsorge setzen, denn es gibt keine Garantie auf Wertsteigerungen oder einen funktionierenden Markt, wenn Sammlerstücke verkauft werden müssen. Letzten Endes ist es immer eine Frage von Angebot und momentaner Nachfrage, wieviel ein bestimmtes Objekt dann wirklich wert ist. Ein Beispiel dafür sind Briefmarkensammlungen, die in den letzten Jahren eher weniger gefragt bis ganz unverkäuflich waren.

Gibt es eine Höchstgrenze, wieviel in so etwas gesteckt werden sollte?

Blanz: Das lässt sich nicht pauschal beantworten, denn das ist abhängig von der sonstigen finanziellen Vorsorge, anderen Faktoren wie etwa Verdienstperspektiven oder dem persönlichen Risikobewusstsein. Aber bei einem professionellen Aufbau eines gut ausgewogenen größeren Vermögens, würden wir solche alternativen Investments im Bereich von fünf bis maximal zehn Prozent des Gesamtvermögens beimischen. 

Was macht eine Sammlung zum guten Investment?

Blanz: Die persönliche Expertise spielt hier meist die entscheidende Rolle. Ein passionierter Weinkenner oder eine Kunstliebhaberin, die den perspektivischen Wert einzelner Objekte einschätzen können, können durchaus gute Geschäfte mit ihrem Hobby machen. Natürlich gibt es auch Angebote, sich etwa über Fonds an der Preisentwicklung von edlen Weinen oder Kunstobjekten zu beteiligen, aber hier kommt es auf die jeweilige Konstruktion und genauen Bedingungen an. Ein langfristiges breites Investment in den weltweiten Aktienmarkt dürfte unserer Einschätzung nach für die allermeisten Anleger eine bessere Option sein.

Wann lohnt sich das Behalten einer geerbten Sammlung?

Blanz: Das ist einerseits eine Frage der Marktlage: Ist in einer akuten Schwächephasen die Perspektive auf bessere Zeiten erkennbar, kann es sehr sinnvoll sein, am Geerbten ersteinmal festzuhalten. Aber oft noch wichtiger ist die Frage, ob der Erbe Freude daran hat, eine Sammlung weiterzuführen und hier im Idealfall schon eigene Expertise mitbringt. Dann ist die Wertentwicklung nicht unbedingt der entscheidende Faktor. Wenn beides nicht zutrifft, also die erzielbaren Preise gerade gut sind und kein echtes Interesse an den geerbten Stücken besteht, dann spricht alles für einen Verkauf, bevor so etwas zur Belastung wird.

Wann ist es Ihrer Erfahrung nach generell besser zu verkaufen?

Blanz: Gerade bei besonderen Erbobjekten wie Schmuckstücken oder Kunst vermeidet es in der Regel Streitigkeiten, so etwas über eine Auktion an Fremde zu verkaufen. Der hier erzielte Erlös lässt sich ganz einfach ohne Ärger aufteilen, gerade wenn es mehrere Erbberechtigte gibt. In der Familie hängen sonst oft emotionale Werte an diesen Sachen, die nicht selten kaum bei der Aufteilung für alle zufriedenstellend zu berücksichtigen sind. Unter dem Strich ist es deswegen meist einfacher zu verkaufen, gerade wenn sich Erben nicht hundert Prozent einig sind.

Grafik: Es werden jedes Jahr viele Milliarden vererbt

Im letzten Jahr wurden 166.690 steuerpflichtige Erbschaften und Schenkungen gezählt. Das heißt, sie liegen über den Freibeträgen, die etwa bei Kindern pro Elternteil bis zu 400.000 Euro reichen. Insgesamt wurde so 2022 laut dem Bundesamt für Statistik ein Gesamtvolumen von 101,4 Milliarden Euro übertragen. Allerdings weist die Behörde extra darauf hin, dass dies bei weitem nicht alle Vermögensübergänge erfasst, da die meisten Erbschaften, Vermächtnisse und Schenkungen innerhalb der Freibeträge liegen.

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