Nießbrauch bei Immobilien: Das sollten Sie wissen

Nießbrauch bei Immobilien: Das sollten Sie wissen


Was gibt es für Immobilienbesitzer zu beachten, die ihre Immobilie bereits zu Lebzeiten an die nächste Generation weitergeben möchten? Wann ist eine Lösung mit einem solchen Nießbrauch sinnvoll? Und worauf muss man dabei unbedingt achten? Antworten geben Rechtsanwalt und Notar Stefan Skulesch sowie der Vermögensverwalter Samir Zakaria.
Stefan Skulesch ist Partner bei SKW Schwarz Rechtsanwälte und als Rechtsanwalt, Notar und Steuerberater tätig.

Viele Eltern übertragen bereits zu Lebzeiten ihre Immobilie an ihre Kinder und vereinbaren ein Nießbrauch. Wann ist solch eine Lösung sinnvoll?

Stefan Skulesch: Insbesondere dann, wenn der Wert der Immobilie oder des übrigen Vermögens so hoch ist, dass die Erbschaftsteuer-Freibeträge drohen aufgebraucht zu werden. Hier spielt insbesondere eine Rolle, dass der Erbschaftsteuerfreibetrag nach geltendem Recht alle zehn Jahre wieder komplett auflebt. So kann in 10-Rhythmen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Vermögen bereits weitgehend übertragen werden, ohne im Erbfall Erbschaftsteuer auszulösen.

Wird diese Lösung in Ihrer Beratung häufig genutzt?

Skulesch: Extrem häufig. Hier ist zu berücksichtigen, dass sich zwar das rechtliche Eigentum ändert, nicht aber das wirtschaftliche Eigentum. Das bedeutet, dass die Schenker das übertragene Vermögen nach wie vor nutzen können, als wären sie Eigentümer.

Was unterscheidet einen Nießbrauch von einem lebenslangen Wohnrecht?

Skulesch: Das Wohnungsrecht ist wörtlich zu nehmen, das heißt der Berechtigte muss die Wohnung in der Tat auch selbst bewohnen. Der Nießbrauch ist weiter gefasst und umfasst auch das Recht die Räumlichkeiten zu vermieten und so den Mietzins zu vereinnahmen. Auch das Wohnungsrecht kann entgeltlich an Dritte überlassen werden, dies müsste jedoch ausdrücklich zusätzlich geregelt werden. Aus diesem Unterschied folgt auch, dass das Nießbrauchrecht ohne weiteres pfändbar ist, während das beim Wohnungsrecht ohne Überlassung an Dritte nicht möglich ist.

Samir Zakaria groß
Samir Zakaria ist Vermögensverwalter bei der Hansen & Heinrich AG in Frankfurt.

In welchen Fällen kann ein Versorgungsnießbrauch sinnvoll sein?

Samir Zakaria: Das ist dann sinnvoll, wenn der überlebende Ehegatte abgesichert werden soll, ohne dass das Erbrecht der Kinder geschmälert wird. Die Nießbrauchbestellung beim Versorgungsnießbrauch erfolgt aufgrund einer erbrechtlichen Verfügung zugunsten des überlebenden Ehegatten am Nachlass. 

Das sollte unbedingt schriftlich geregelt werden:

Sollte mit der Schenkung auch Rückübertragungsverpflichtungen vereinbart werden?

Zakaria: Eine konkretisierende vertragliche Regelung von Rückforderungsrechten ist in vielen Fällen empfehlenswert und verdeutlicht dem Beschenkten explizit diese Möglichkeit. Insbesondere, wenn der Schenker aufgrund unvorhergesehener Ereignisse, z.B. durch schnell steigende Konsumentenpreise, in Not gerät und seinen Lebensunterhalt nicht mehr vernünftig bestreiten kann, ist eine solche Regelung viel wert. Hinzu kommt, dass Auslegungsprobleme gesetzlicher Ansprüche damit deutlich reduziert werden können.

Nach der Schenkung mit Nießbrauch: Wer muss künftig für Grundsteuer, Hypothekenzinsen, Instandhaltungsmaßnahmen etc. aufkommen? In welchen Fällen lohnt es sich, die Verteilung der Kosten individuell zu regeln?

Zakaria: Gemäß § 1041 BGB hat der Nießbraucher für die Erhaltung der Sache in ihrem wirtschaftlichen Bestand zu sorgen. Ausbesserungen und Erneuerungen obliegen ihm nur insoweit, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören. Außergewöhnliche Maßnahmen wie in etwa der Austausch einer defekten Gastherme sind dagegen Sache des Eigentümers und ist deshalb vom Eigentümer zu übernehmen. Wenn die Abgrenzung zwischen gewöhnlichen und außergewöhnlichen Maßnahmen nicht eindeutig ist, lohnt es sich unter Umständen im Sinne der Umsetzung die Verteilung der Kosten individuell zu regeln.

Wird die Immobilie beispielsweise einem Kind geschenkt, das andere soll nichts erben. Dem enterbten Kind, so steht dann ja ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu. Zehn Jahre nach der Schenkung geht pflichtteilsberechtigte Kind leer aus. Wie sieht es aus, wenn mit der Schenkung a) ein Nießbrauch, b) ein lebenslanges Wohnrecht vereinbart wurde?

Zakaria: Ein zugunsten des Erblassers bestehendes Nießbrauch- oder Wohnungsrecht fällt in der Regel nicht in den Nachlass und spielt daher auch bei der Bemessung des Pflichtteilanspruchs keine Rolle, zumal in diesem Fall auch die 10-Jahresfrist abgelaufen ist.

In welchen Fällen fällt bei der Übertragung eines Nießbrauchsrechts Grunderwerbsteuer an?

Zakaria: Bei nahen Angehörigen (Kindern, Stiefkindern, Enkeln, Ehegatten…) fällt keine Grunderwerbsteuer an. Allerdings fällt diese bei Geschwistern, Nichten und Neffen sowie weiter entfernten Verwandte oder Nichtverwandten an.

Schenkung und Sozialamt 

Kann das Sozialamt nach Ablauf der 10-Jahres-Frist die Schenkung der Immobilie an die Kinder rückgängig machen – sofern die Eltern sich einen Nießbrauch gesichert haben?

Zakaria: Nein, nach Ablauf der 10-Jahres-Frist kann der Sozialhilfeträger die Immobilie nicht mehr zurückfordern. Es können allerdings Unterhaltspflichten für die Kinder bestehen.

Kann eine wertvolle Immobilie auch schrittweise an ein Kind verschenkt werden, um Erbschaftsteuer zu sparen?

Zakaria: Ja, das ist möglich. Nach zehn Jahren kann der Steuerfreibetrag erneut eingesetzt werden, daher macht unter Umständen eine schrittweise Übertragung der Immobilie Sinn, wenn diese einen Wert deutlich über den Schenkungsfreibeträgen hat.

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