
"Der Euro ist so schwach wie schon lange nicht mehr."

Was bedeutet die Wechselkursentwicklung für Investoren (bspw. am Aktienmarkt oder in Gold)?
Andreas Görler: Erstmals seit seiner Einführung im Jahr 2002 ist ein Euro in etwa so viel wert wie ein Dollar – und damit so schwach wie lange nicht. Noch Anfang des Jahres lag der Wechselkurs bei 1:1,13. Nun beträgt der Wechselkurs fast genau 1:1. Ein relevanter Unterschied mit Konsequenzen für die Wirtschaftswelt, aber auch für Privatanleger.
Ein veränderter Wechselkurs hat auch ganz unmittelbare Auswirkungen auf die Depots von Anlegern. Zumindest, wenn diese auch in Aktien oder Anlageinstrumente investiert sind, die in einer fremden Währung gelistet sind. Der aktuelle Wechselkurs kann beispielsweise für europäische Anleger, die US-amerikanische Aktien überproportional im Depot haben, einen positiven Performancebeitrag erzeugen. Selbst wenn diese Papiere keine Kurssteigerungen hingelegt haben, könnten sie im Moment mit Wechselkursgewinn verkauft werden. Auch bei Rohstoffen oder Edelmetallen, die in der Regel in Dollar gehandelt werden, konnte man ggfs. eine „doppelte Rendite“ erzielen, weil die Preise sehr stark gestiegen sind und ein europäischer Investor zusätzlich noch die Wechselkursgewinne realisieren kann.
Umgekehrt müssen Neueinsteiger darauf achten, ob sich ein Unternehmen oder eine Anlageklasse wirklich gut entwickelt oder eben nur aufgrund der Wechselkursentwicklung ein positives Ergebnis in Euro liefert.

Wie sollten Privatanleger darauf reagieren?
Görler: Man darf auch nicht vergessen, dass selbst die Schwäche einer ausländischen Währung nicht zwingend negativ für die Rendite des eigenen Investments sein muss. Denn wenn Anleger zum Beispiel in US-amerikanische Titel investieren, wäre ein fallender US-Dollar positiv für US-Exportunternehmen, da dies ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöht. Das kann sich positiv auf die Gewinne und Aktienkurse dieser Unternehmen auswirken, Damit könnten dann Währungsverluste durch Kurssteigerungen überkompensiert werden.
Obwohl man Erwartungen in Bezug auf eine bestimmte Währung bei einer Investition berücksichtigen sollte, sind diese Erwägungen niemals ausschlaggebend dafür, ob man einen ausländischen Titel kauft. Der entscheidende Faktor sollte immer die Einschätzung des Aktienkurspotenzials und die Fundamentaldaten eines Unternehmens sein, unabhängig davon, ob es sich um einen Einzelwert, eine Region oder Branche handelt. Hat man ein breit diversifiziertes Portfolio, müssen keine Umstrukturierungen vorgenommen werden.
Wann besteht also Handlungsbedarf?
Görler: Vor allem diversifizierte Anlagestrategien sind die einfachste und günstigste Möglichkeit, Währungsrisiken zu reduzieren. Denn wer sein Geld breit über verschiedene Unternehmen, Länder und Währungen streut und Disziplin und Geduld mitbringt, muss Währungsschwankungen eher nicht fürchten, da sich die Unterschiede in aller Regel von selbst ausgleichen. Nur wenn ein Portfolio größtenteils aus einer übergewichteten Fremdwährung besteht, sollte über Teilabsicherungen mit Währungsoptionen oder Devisentermingeschäften nachdenken. Jedoch sind dies komplexe Produkte, die eine sachkundige Beratung erfordern. Außerdem ist eine Absicherung mit Kosten verbunden. Daher sollten sie der erwarteten Rendite gegenübergestellt werden. Solche Absicherungspositionen müssen außerdem genauso beobachtet und angepasst werden, wie ein Einzelinvestment.
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