Zinsentscheidung der Fed: Was hat sie für Folgen?

Zinsentscheidung der Fed: Was hat sie für Folgen?


Am Mittwoch, den 15.06.2022, gab die US Notenbank Fed in Washington bekannt, den Leitzins anzuheben. Der Zins steigt um 0,75 Prozentpunkte und liegt jetzt in einer Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent. Womit Anleger in den kommenden Monaten rechnen können und was die Fed von der EZB unterscheidet, erklärt Andreas Görler, Senior Wealth Manager bei der Pruschke & Kalm GmbH, im Interview.
Andreas Görler ist sen. Wealth Manager bei der -Wellinvest- Pruschke & Kalm GmbH in Berlin.

Hat Sie die FED-Entscheidung überrascht?

Andreas Görler: Die amerikanische Notenbank setzt eher auch mal ein kräftigeres Signal als es die EZB. Es ist daher nicht völlig überraschend, dass ein Zinsschritt auch mal stärker ausfällt.

Allerdings muss man berücksichtigen, dass die Zinspolitik der EZB auf 27 Nationen mit unterschiedlichen Verschuldungsgraden und Wirtschaftsschwerpunkten wirken soll.

Interessanter war vielleicht der Zeitpunkt an dem eine, vielleicht auch nur kurzfristige Wirkung, auf den Kapitalmarkt einsetzte. Während der Rede, die allerdings auch deutlich auf Rezessionsgefahren verwies, passierte relativ wenig. Erst zum Zeitpunkt als sich die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihen änderte, stiegen vor allem Technologiewerte sprunghaft an.

Konsumgetriebene Volkswirtschaften haben grundsätzlich ein Problem mit starken Preissteigerungen. Aktuell haben wir Preisanstiege, wie wir sie in Deutschland akkumuliert vielleicht in dreieinhalb Jahren vorfinden, in wenigen Monaten aufgebaut. Zusätzlich problematisch ist die Tatsache, dass die Anstiege aus dem Rohstoff- und Energiesegment resultieren. Sofern man hier auf der Importseite steht, ist es noch schwieriger das mit einer nationalen Zinspolitik auszugleichen.

Trotzdem versuchen Notenbanken wie die Fed zu verhindern, dass die Teuerung auf andere Wirtschaftsbereiche übergreift und zu Zweitrundeneffekten wie stark steigenden Löhnen führt.

Worauf stellen Sie sich in den kommenden Monaten ein?

Görler: Ich gehe weiter von volatilen Finanzmärkten aus. Die große Herausforderung bleibt der Versuch der Inflationsbekämpfung, ohne die Wirtschaft dabei abzuwürgen.

Historisch hat der Großteil der Straffungsphasen die US-Wirtschaft in eine Rezession geführt, also eher wirtschaftlichen Schaden erzeugt. Andererseits erzeugt man mit größeren Zinsschritten am Anfang die Möglichkeit, auch wieder früher zinssenkend eingreifen zu können.

Was bedeutet die jüngste FED-Entscheidung bzw. die erwartete Entwicklung für ihre Anlagestrategie?

Görler: Nach meiner Auffassung hat sich das Grundszenario mit überhöhter Inflation, Lieferengpässen, störenden Einflüssen von wieder steigenden Covid-Infektionszahlen, Mangel von Fachpersonal und längerem Anhalten des Krieges in der Ukraine nicht verändert.

Nach meiner Auffassung bleibt es daher auch bei einer Grundstruktur, die auch liquide Sachwerte wie Aktien beinhalten muss. Aktienquoten um 50%, die in bewährten Unternehmen, mit gutem Management und stabilen Fundamentaldaten investiert sind, sollten beibehalten werden. Branchen wie Gesundheit, Nahrungsmittel und Basiskonsum sollten berücksichtigt werden. Auch Themen, die sich mit Wasserversorgung Dienstleistungen um das Wassermanagement und Abwasseraufbereitung befassen, werden an Wichtigkeit weiter zunehmen. Hier gibt es bewährte Unternehmen, die bereits lange am Markt sind.

Bei Anleihen sollte man zunächst auf kürzere Durationen setzen.

Sie möchten Ihr Vermögen von Andreas Görler verwalten lassen?

Hier finden Sie Informationen zur Vermögensverwaltung Well-Invest Pruschke & Kalm GmbH

Jetzt investieren!

Was sollten insbesondere Privatanleger jetzt konkret tun?

Da man noch von einem weiter ansteigenden Zinsniveau ausgehen kann, sollten bei Einlagen und festverzinslichen Wertpapieren lange Zinsbindungen vermieden werden. Wer in diesem Segment investiert ist, sollte allerdings eher durchhalten und abwarten, da grundsätzlich Rückzahlungen zu 100% gewährleistet sind.

Auf der Aktienseite rate ich von „netto-Reduktionen“ im Portfolio ab, sofern es sich um Unternehmen mit guten Fundamentaldaten handelt. Der gestaffelte Zukauf über Sparpläne auf Aktienfonds oder Aktien sollte die bessere Alternative sein, auch wenn es noch einige Monate anstrengend bleiben kann.

Nähert sich bei Kreditnehmern das Ende einer Zinsbindungsfrist, sollte man sich bei seinem Kreditinstitut über die Konditionen für ein Forward-Darlehen erkundigen, um sich bereits jetzt einen Darlehenszinssatz, zu sichern.

Immobilienkäufer, die bisher schon Probleme hatten, Eigenleistungen von 25% – 35% aufzubringen, werden es schwer haben, da die Kaufpreise im Moment noch relativ stabil wirken, die Darlehenszinssätze sich in einigen Bereichen aber verdoppelt oder verdreifacht haben. Historisch ist das immer noch ein eher niedriges Niveau für Immobilienkredite, aber die Finanzierungen sind häufig knapp gestrickt.

Stärkere Zinsanstiege können allerdings auch, mit Verzögerung, auf die Immobilienpreise drücken.

Sie sind auf der Suche nach hilfreichem Expertenwissen rund um die erfolgreiche Geldanlage?

V-CHECK bietet Ihnen regelmäßig unabhängige Tipps direkt in Ihr Postfach.

Jetzt anmelden

Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | YouTube | Instagram | Pinterest