
Turbulente Börsen: So holen Anleger steuerlich das Beste für sich raus

Was muss ich bei der Steuererklärung machen, wenn ich 2021 im Depot einer Bank Gewinne und bei einem anderem Haus Verluste gemacht habe?
Samir Zakaria: Bei dieser Konstellation besteht die Besonderheit, dass man in der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung die Aktiengewinne und -verluste angeben kann. Das Finanzamt führt dann die steuersparende Verrechnung durch. Bedingung dafür ist, dass man bei der Bank mit den Aktienverlusten bis zum 15. Dezember des Steuerjahres eine Verlustbescheinigung beantragt hat, die dem Finanzamt auf Nachfrage vorgelegt werden kann.
Was ist, wenn ich in einem einzigen Depot mit Aktien Gewinne, mit Fonds aber Verluste erzielt habe?
Zakaria: Verluste aus Fondsverkäufen können mit Aktiengewinnen verrechnet werden. Allerdings ist dies umgekehrt nicht möglich. Das heißt, Verluste aus Aktienverkäufen dürfen nur mit Gewinnen aus dem Verkauf von Aktien verrechnet werden und nicht mit Gewinnen aus übrigen Kapitalanlagen.
Wie stelle ich sicher, dass ich nicht doppelt Quellensteuer bezahle, wenn meine ETFs oder Fonds im Ausland anlegen?
Zakaria: Grundsätzlich gilt, dass trotz Versteuerung von Kapitalerträgen im Ausland in Form von Quellensteuer, dennoch in Deutschland die Abgeltungsteuer greift. Die Höhe der Quellensteuer ist von Land zu Land unterschiedlich. Bei Investitionen in Ländern, mit denen ein Doppelbesteuerungsabkommen besteht, können bis zu 15% ausländische Quellensteuer auf die inländische Steuer angerechnet werden. Problematisch wird es, wenn im Ausland mehr als 15% Quellensteuer anfallen.
Diese Differenzbeträge können nur direkt im Investitionsland zurückgefordert werden. Die Dauer der Erstattung variiert je nach Land zwischen wenigen Wochen und mehreren Monaten, teilweise Jahren. Die Verfahren der Beantragung sind in den verschiedenen Ländern unterschiedlich und die Formulare in der jeweiligen Landessprache, was es für den Investor zusätzlich kompliziert und arbeitsintensiv macht. Mal wird eine Ansässigkeitsbescheinigung benötigt, die Anleger durch das für sie zuständige Finanzamt erhalten und mal reicht eine steuerliche Selbstauskunft wie bspw. in Belgien.
Und ganz aktuell: Was hat es für steuerliche Konsequenzen, wenn ich jetzt Aktien mit Verlust abstoßen möchte?
Zakaria: Grundsätzlich gilt, dass Verluste nur steuerlich nutzbar sind, wenn Aktien tatsächlich mit Verlust verkauft wurden. Diese Verluste können steuerlich gegen Gewinne aus verkauften Aktien verrechnet werden; allerdings wie gesagt nicht gegen Gewinne aus anderen Kapitalanlagen.
Wenn Aktienverluste in einem Depot mit Aktiengewinnen auftreten, wird die Verrechnung von der Depotbank vorgenommen. Das heißt, bereits abgeführte Abgeltungsteuer aus realisierten Aktiengewinnen wird entsprechend anteilig oder vollständig je nach Höhe der im gleichen Kalenderjahr realisierten Kursverluste wieder gutgeschrieben. Die steuerliche Konsequenz ist daher ein Liquiditätszufluss.
Wenn die Verluste hingegen zeitlich vor der Realisierung von Gewinnen auftreten, ist der Aktien-Verlustverrechnungstopf gefüllt, so dass Aktiengewinne anteilig oder umfassend nicht mit Abgeltungsteuer belegt werden. Dadurch gibt es einen indirekten Liquiditätseffekt, in Form von nicht abgeführter Abgeltungsteuer. Dieser Effekt ist auch über das Kalenderjahr hinweg gültig, da Verlustverrechnungstöpfe ins Folgejahr übertragen werden.
Wenn der Anleger Depots bei verschiedenen Banken hat, ist die übergreifende Verlustverrechnung nur über die Einkommensteuererklärung möglich, mit entsprechender Verlustbescheinigung. Die Verlustverrechnung über die Einkommensteuerklärung ist auch zwischen Ehegatten möglich. Wenn sich die Depots der beiden Ehegatten allerdings bei derselben Bank befinden, kann die Verlustverrechnung sofort erfolgen und man muss nicht auf den Steuerbescheid im Folgejahr warten. Dies geht allerdings nur mit einem Kniff: Und zwar muss der Bank ein Freistellungsauftrag mit 0 EUR erteilt worden sein, was über ein entsprechendes Kreuz auf dem Formular möglich ist.
Unter welchen Bedingungen sind Gewinne mit Gold/Xetra-Gold, das von Krisen profitiert, steuerfrei?
Zakaria: Gewinne mit Gold sind steuerfrei, wenn man länger als ein Jahr investiert war. Das gilt auch für Investitionen in Xetra-Gold, wobei es sich hierbei um eine Ausnahmeregelung handelt, die an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. Denn normalerweise unterliegen sämtliche Wertpapiere, auch ETCs (Exchange-traded Commodities), der Abgeltungsteuer, unabhängig von der Haltedauer.
Xetra-Gold ist zwar ein ETC, allerdings räumt es dem Anleger die Möglichkeit ein, sich Gold physisch ausliefern zu lassen. Daher werden Gold ETCs wie Xetra-Gold der steuerlichen Regelung analog physischem Gold durch den Bundesfinanzhof gleichgestellt und sind nach einem Jahr steuerfrei.
Allgemein: Warum sollten Anleger bei Investments vor allem auf ihr Risiko-Rendite- und nicht auf ihr Steuer-Profil achten?
Zakaria: Grundsätzlich ist es so, dass der Verkauf von Aktien rein aus steuerlichen Gründen nicht sinnvoll ist. Wenn man weiter an das Unternehmen bzw. das Geschäftsmodell glaubt, sollte man die Aktien halten, unabhängig von steuerlichen Effekten. Später wieder in aus steuerlichen Gründen verkaufte Aktien einzusteigen kann den erzielten Steuer- bzw. Liquiditätseffekt obsolet machen, da man unter Umständen gute Tage der Aktienentwicklung verpasst. Gemäß Studien sind nur wenige Tage im Jahr entscheidend für die Rendite, so dass man an diesen investiert sein sollte. Häufige steuerlich induzierte Anpassungen des Portfolios führen außerdem zu höheren Transaktionskosten, die sich ebenfalls renditemindernd auswirken.
Viel sinnvoller ist es, eine individuell passende Allokation von Anlageklassen langfristig beizubehalten und im Zeitablauf zu prüfen, ob das in der Regel beständige Risiko-Rendite-Profil des Anlegers bei Marktveränderungen Anpassungen im Portfolio notwendig macht. Die kann bspw. eine andere Aktienquote oder regionale Verteilung sein. Kurzfristige „steuerliche Gelegenheiten“ dürfen diesen langfristigen Blick nicht versperren. Ein guter Vermögensverwalter unterstützt beim Beibehalten der wesentlichen Ziele und der Umsetzung einer dauerhaften Strategie.
Als abschließender Hinweis noch das grundsätzliche Credo für Investmentvehikel, die über klassische Wertpapiere wie Aktien hinausgehen:
“Keine Anlage tätigen, die sich ausschließlich über Steuerersparnisse rentieren würde!”.