
Aktien: Wie nachhaltig ist die DAX-Erholung?

Handelt es sich bei der DAX-Kursentwicklung um eine echte Erholung oder eine klassische Bullenfalle, auf die ein erneuter Rückschlag der Aktienkurse folgt?
Lars Murek: Wir gehen davon aus, dass der Aktienmarkt weiter volatil bleiben wird und damit die Gefahr eines Abbruchs der Bärenmarktrallye besteht. Aktuell dominieren am Aktienmarkt zwei Themen, die eingeleitete Zinswende der westlichen Zentralbanken zur Eindämmung der Inflation und das Kriegsgeschehen in der Ukraine. Neben dem unsäglichen menschlichen Leid führen die Kriegshandlungen auch wirtschaftlich zu starken Einbußen. Wirtschaftssanktionen sind alternativlos, treffen aber nicht nur Russland, sondern alle Beteiligten. Unternehmen ziehen sich aus Russland zurück, was Umsatzeinbuße sowie Friktionen in Fertigungsprozessen nach sich zieht. Zudem besteht die Gefahr der Verstaatlichung zurückgelassener Betriebsstätten sowie des lokalen Inventars. Dies wird sich nachteilig auf die betroffenen Unternehmen auswirken und Spuren in deren Bilanzen hinterlassen.
Zugleich steigen die Rohstoffkosten, insbesondere für Gas und Öl. Dies belastet das Wirtschaftswachstum energieimportierender Staaten wie Deutschland und wirkt zeitgleich inflationär. So reduzierte das Ifo-Institut jüngst seine Prognose für die Wachstumsaussichten Deutschlands fürs laufende Jahr von 3,7% auf 2,2% bis 3,1% und verdoppelte seine Inflationsprognose nahezu von 3,3% auf 5,1% bis 6,1%.
Darüber hinaus sind die Auswirkungen des Krieges auf die globalen Lieferketten noch nicht final abzusehen. All diese Effekte werden sich bei einem fortwährenden respektive eskalierenden Konflikt zunehmend verstärken. Die westlichen Zentralbanken haben derweil die Zinswende eingeleitet und die Leitzinsen moderat erhöht beziehungsweise Erhöhungen angekündigt. Gestiegene Zinsen entziehen dem Kapitalmarkt Liquidität in Folge höherer Kreditkosten einerseits und höherer Sparzinsen andererseits. Dies wirkt sich negativ aufs Wirtschaftswachstum, aber positiv auf die Inflationsentwicklung aus.
Durch die gestiegenen Energiepreise aufgrund des Ukraine-Krieges steigt die Inflation weiter stark an, so dass die Zentralbanken sich gegebenenfalls gezwungen sehen, die Leitzinsen deutlich stärker anzuheben. So besteht die Gefahr eines nochmals deutlich schwächeren Wachstums.
Welche Argumente sprechen für eine nachhaltige Erholung?
Murek: Eine nachhaltige Erholung kann es unserer Einschätzung nach dann geben, wenn der Ukraine-Krieg nicht weiter eskaliert. Und wenn es den Zentralbanken gelingt die Inflation einzudämmen ohne zu stark an der Zinsschraube zu drehen. Mit den bis dato im Rahmen des Ukraine-Krieges vollzogenen Wirtschaftssanktionen und den angefallenen Schäden in der Kriegsregion wird das globale Wirtschaftswachstum sinken, es wird aber keine Rezession ausgelöst. Das bedeutet, dass wir für dieses Jahr ein geringeres, aber dennoch positives Wachstumsmomentum sehen.
Wirtschaftswachstum ist eine wichtige Voraussetzung für steigende Aktienkurse. Wenn auch die Zentralbanken das Wachstum mit den Leitzinserhöhungen nicht abwürgen, können Aktienkurse zum Jahresende höher liegen. Allerdings werden etwaige Kurssteigerungen geringer ausfallen als in den vergangenen zwei Jahren und nicht alle Regionen und Branchen werden gleichermaßen profitieren.
Welche Punkte sprechen dagegen?
Murek: Sollten die Kriegshandlungen in der Ukraine eskalieren oder sich ausweiten, werden mindestens weitere Sanktionen erfolgen, welche die globale Wirtschaft weiter belasten würden. Je nach Ausmaß der Eskalation könnte eine globale Stagflation oder sogar eine Rezession nicht mehr ausgeschlossen werden.
Auch die Annahme, dass die westlichen Zentralbanken die Inflation eindämmen können ohne die Wirtschaftsleistung zu stark zu bremsen, ist gewagt. Der Raum für geldpolitische Fehleinschätzungen ist definitiv gegeben und bedarf einer genauen Überwachung, um Portfolien zeitnah auf neue Entwicklungen hin adjustieren zu können.
Wie stellen Sie aktuell die Depots ihrer Kunden in dieser Situation auf?
Murek: Wir sind ein strategisch orientierter Investor und legen die uns anvertrauten Gelder dementsprechend langfristig an. Deswegen versuchen wir zum Beispiel nicht den Kriegsverlauf zu prognostizieren und unsere Allokation nach derartigen Entwicklungen zu steuern. Durch eine strategische Beimischung von Rohstoffen und alternativen Investmentstrategien sind unsere Portfolien in Stressphasen äußerst resistent.
Gleichwohl optimieren wir unsere Allokation aber auf die langfristigen Auswirkungen der Krise. So haben wir uns in Erwartung eines geringeren Wirtschaftswachstums weniger zyklisch positioniert. Zudem investieren wir ausschließlich in qualitativ hervorragende Unternehmen mit starken Geschäftsmodellen, welche eine besondere Preissetzungsmacht besitzen. Diese Unternehmen können inflationäre Preissteigerungen an ihre Endkunden weiterreichen ohne dass die Gewinnmargen gedrückt werden. Des weiteren bieten volatile Märkte auch immer interessante Investmentopportunitäten, welche wir in unserem aktiven Anlageprozess für unsere Kunden nutzen können.
Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | YouTube | Instagram | Pinterest