Anlagestrategie: 2022 werden Rekord-Dividenden erwartet

Anlagestrategie: 2022 werden Rekord-Dividenden erwartet


Im vergangenen Jahr sorgte die Coronakrise für sinkende Dividendenzahlungen. Doch wie sieht es 2022 aus? Und wie können Anleger davon am besten profitieren? Vermögensverwalter Henning Kirsch erklärt, für welchen Anleger sich eher Einzeltitel, ETFs oder Fonds eignen. Und welche Unternehmen, Branchen und Länder in punkto Dividende interessant sind.
Henning Kirsch ist Vermögensverwalter bei Hansen & Heinrich in Frankfurt am Main.
Henning Kirsch ist Vermögensverwalter bei der Hansen & Heinrich AG in Frankfurt am Main.

Was können Dividendenanleger 2022 erwarten?

Henning Kirsch: 2022 dürfen deutsche Anleger mit einem herausragenden Dividendenjahr rechnen. Erwartet wird, dass in diesem Jahr alle DAX-Unternehmen zusammen voraussichtlich 46,5 Milliarden an Gewinnbeteiligung, also Dividenden an ihre Aktionäre auskehren werden. Das entspricht einer prognostizierten Steigerung von mehr als einem Drittel gegenüber 2021.

Höhe der Dividendenzahlungen von 2012 bis 2022

Wie sieht es mit Dividenden-Einnahmen außerhalb des deutschen Aktienmarktes aus: Welche Unternehmen, Branchen und Länder sind spannend?

Kirsch: Generell kann man nicht sagen, dass es länderspezifische Vor- oder Nachteile bei den Zahlungen von Dividenden gibt. Es hängt damit zusammen, wie die Aktiendividenden zur Zahlung von Altersvorsorge und Pensionszahlungen genutzt werden. Die USA und Großbritannien haben hier eine stärkere Dividendenkultur als wir in Deutschland. Dort sind die gesetzlichen Altersvorsorgesysteme nicht so ausgeprägt wie bei uns. Gute Dividendentitel gibt es aber auch in Frankreich, der Schweiz, den Niederlanden und Italien. Attraktive Titel finden sich in allen klassischen Branchen außerhalb der Internetaktien. Dazu gehören Energiefirmen, Versicherungsgesellschaften, Chemieunternehmen und Telekommunikationsfirmen.

Was gilt es steuerlich bei Dividendeneinnahmen im Ausland zu beachten?

Kirsch: Bei Dividendentitel sollte man nicht zu weit in die Ferne schweifen, denn es gibt von Land zu Land unterschiedliche Quellenbesteuerungssysteme. Der Nettoertrag wird mitunter deutlich reduziert, soweit die zu viel gezahlte Quellensteuer nicht über unterschiedliche Rückerstattungssysteme zurückgeholt wird. Überschüssig gezahlte Quellensteuer ist z.B. bei Schweizer Unternehmen für Bundesbürger recht leicht und kostengünstig zurückzuholen, während es z.B. bei Kanada fast unmöglich ist, sich als Privatanleger seine zu hoch gezahlte Quellensteuer ausgleichen zu lassen. Dasselbe gilt für viele asiatische Länder einschließlich China.

Daher sollte sich ein Investor nicht nur von der absoluten Dividende blenden lassen, sondern auch einen Blick beispielsweise in Internetforen werfen, um sich über die Handhabung der Quellensteuer zu informieren. Die schönste Dividende nützt nichts, wenn nachher der Anleger doppelt Quellensteuer zahlen muss und er kaum Möglichkeiten hat, die Doppelbesteuerung ausgleichen zu lassen.

Wie können Anleger am besten von Dividenden profitieren: durch Einzelaktien, Fonds oder ETFs?

Kirsch: Wer von Dividenden profitieren möchte, will Transparenz, Nachvollziehbarkeit und günstige Kosten. Wer gut informiert ist und bereit ist, seine Titelstreuung aus dem Beweggrund von Dividendeneinkünften nicht zu international zu gestalten, ist mit einem geschickt gestreuten Aktienportfolio gut beraten. Es gibt auch einige aktiv und passiv gemangte Fonds (ETFs), die attraktiv ausschütten. So gib es z.B. ETF-Produkte auf den DAX 40, die auf dem Kursindex basieren und die Dividenden auskehren.

Das ist aber auch eine Frage der Sympathie. Oft investieren Anleger bei der Absicht, vorrangig Dividendeneinkünfte zu erzielen und dabei die Kursentwicklung hintenan zu stellen, in Einzelaktien. Dazu mischen sie Fonds unterschiedlicher Stile bei, um von speziellen Sektoren auf der Kursentwicklungsseite zu profitieren.

Ist ein Unternehmen mit einer hohen Dividendenrendite automatisch ein Aktienkauf?

Kirsch: Nein, selbstverständlich nicht. Viel wichtiger ist die Nachhaltigkeit der Dividendenzahlung, also ob das Unternehmen über Jahre konstant Dividende gezahlt hat. Auch muss der Grund für die hohe Dividendenrendite vom Anleger erforscht und verstanden werden. Die Dividendenrendite bezieht sich auf zurückliegende Zahlungen, doch steht sie ja im Verhältnis zu dem Kurs, den die Aktie hat. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine auffallend hohe Dividendenrendite aufgrund eines negativen Unternehmensereignisses entstand, welches den Kurs gedrückt hat. In so einem Fall sollte der Anleger stets achtsam sein und prüfen, wie die Erwartung für kommende Dividendenzahlungen sein könnte. Sonst läuft er Gefahr, wohlmöglich blindlings in eine Dividendenkürzung hineinzulaufen.

Woran erkenne ich als Anleger einen dauerhaft guten Dividendentitel?

Kirsch: Es gibt etliche Beispiele für Dividendenaristokraten und einschlägige Webseiten, auf denen solche Titel zu finden sind. Bei der Suche sollte der Anleger die Historie der vergangenen zehn Jahre aufschlagen. Wir als Vermögensverwalter haben für solche Selektionen die nötigen Tools, um zielgenau solche Aktienwerte zu identifizieren. Dann können wir sie je nach Risikomaß und Vermögensaufteilung in die Kundendepots einbringen.

Welchen Anteil machen Dividenden am Börsenerfolg aus?

Kirsch: Das ist vollkommen einzeltitelbezogen und eine Frage des Zeitraumes, der betrachtet wird. Die Telekom beispielsweise hat innerhalb der vergangenen fünf Jahre an Kursentwicklung lediglich 1,3 Prozent Zuwachs erfahren, während die kumulierte Dividende für ca. 25 Prozent Wertzuwachs des Titels in demselben Zeitraum gesorgt hat. Somit war bei diesem Titel der ausgekehrte Firmengewinn Renditetreiber und nicht die Wertentwicklung der Aktie.

Sie sind auf der Suche nach hilfreichem Expertenwissen rund um die erfolgreiche Geldanlage?

V-CHECK bietet Ihnen regelmäßig unabhängige Tipps direkt in Ihr Postfach.

Jetzt anmelden

Mit unseren Social Media Kanälen bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Sie finden uns auf: Facebook | LinkedIn | YouTube | Instagram | Pinterest