Börsenausblick: Grüne Aktien statt Anleihen

Börsenausblick: Grüne Aktien statt Anleihen


Zum Jahreswechsel haben wir einige unabhängige Vermögensverwalter gefragt: Wie stark beeinflusst die Pandemie 2022 die Märkte? Wann sinkt die Inflation wieder? Und wie sollten sich Privatanleger jetzt mit ihren Wertpapieren aufstellen? Johannes Kienzler glaubt, es wird immer wichtiger, in grüne Unternehmen zu investieren. Anleihen sollten dagegen eher verkauft werden.
Johannes Kienzler, Portfoliomanager bei Eberhardt & Cie. Vermögensverwaltung GmbH, Villingen-Schwenningen

Wie würden Sie das Jahr 2021 aus Anlegersicht zusammenfassen?

Joahnnes Kienzler: Zwischen himmeljoch jauchzend und zu Tode betrübt. Oder zwischen Euphorie und Panik. Einzelne Märkte legten im Jahresverlauf um 40% und mehr zu, gaben aber dann innerhalb von wenigen Tagen mehr als die Hälfte ihrer Gewinne wieder ab.

Waren Sie von den Entwicklungen überrascht?

Kienzler: Die Pandemie und deren Auswirkungen sind sehr schwer berechenbar. In diesem Umfeld sind sowohl positive wie negative Überraschungen jederzeit möglich. Daher ist es aus unserer Sicht wichtig, schnell auf diese Überraschungen zu reagieren und auch die Anlagestrategie flexibel zu gestalten.  

Die Inflation und die Antwort der Notenbanken darauf ist derzeit ein großes Thema – wie bewerten Sie die Situation?

Kienzler: Verschiedene Basiseffekte haben sich 2021 kumuliert und dadurch die Inflationsraten entsprechend beflügelt. Dennoch bleiben mehrere Faktoren langfristig erhalten, die auch weiter die Inflation oberhalb der Zielmarke von 2% halten werden. Insbesondere sind dies aus unserer Sicht die folgenden Themenfelder:

Der Trend zur De-Globalisierung: Zum einen haben eine Reihe von Staaten in den letzten Jahren umfangreiche protektionistische Maßnahmen wie Zölle zur Stärkung der eigenen Volkswirtschaft veranlasst. Zum anderen möchten viele Unternehmen die Abhängigkeit von globalen Lieferketten reduzieren und nehmen damit eine Erhöhung der Kosten zu Gunsten einer vermeintlichen Liefersicherheit in Kauf.

Die Überalterung der Bevölkerung in vielen Industrieländern sowie in China, senkt die Anzahl der erwerbstätigen Bevölkerung. Der daraus resultierende Arbeitskräftemangel treibt die Löhne nach oben und wird von einer aggressiven Gewerkschaftspolitik noch beschleunigt. Auch die Kosten zur Bekämpfung des Klimawandels und der Dekarbonisierung der Volkswirtschaften.

Ausufernde Staatsverschuldung insbesondere in den südeuropäischen Ländern schränkt die Handlungsfähigkeit der EZB massiv ein. Höhere Inflationsraten werden somit in einem Maße toleriert, die vor einigen Jahren nicht vorstellbar waren. In der Folge kann es durch einen Abwertungswettlauf verschiedener Währungsräume auch zu importierten Inflationsschüben kommen.

Welche Schlüsse sollten Anleger aus der Situation ziehen?

Kienzler: Höhere Inflationsraten bleiben erhalten und die Realverzinsung bleibt negativ, selbst bei moderat ansteigendem Zinsniveau.

Die De-Karbonisierung und Klimawandel werden die Volkswirtschaften nachhaltig verändern. Daraus folgt, dass Unternehmen und Länder, die technologische Innovationen zur Lösung der drängendsten Themen (Klimawandel, Demographischer Wandel, Pandemie) bieten, gegenüber anderen die Nase vorn haben werden.

Allgemein gilt: Aktien bleiben langfristig die interessanteste Anlageklasse. Mit zwischenzeitlich hohen Schwankungen ist aber weiterhin zu rechnen. Im Gegensatz dazu hatten Anleihen aufgrund der in den letzten Jahren erfolgten Zinssenkungen Rückenwind. Für die nahe Zukunft ist hier eher mit Gegenwind zu rechnen.

Die Corona-Pandemie ist noch nicht überstanden. Wie lange wird dieses Thema die Märkte noch beeinflussen?

Kienzler: Das hängt sehr stark von der weiteren Entwicklung in Bezug auf Mutanten und die Wirkung der jeweiligen Impfstoffe ab. Im günstigsten Szenario könnte der Markt das Thema zum Ende des ersten Halbjahres abhaken und bereits von wirtschaftlichen Nachholeffekten profitieren. Im ungünstigsten Szenario bleibt uns das Thema bis 2023 erhalten.

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