Börsenausblick: "Anleger sollten die Pferde wechseln"

Börsenausblick: "Anleger sollten die Pferde wechseln"


Wie stark beeinflusst die Pandemie 2022 die Märkte? Wann sinkt die Inflation wieder? Und wie sollten sich Privatanleger jetzt mit ihren Wertpapieren aufstellen? Zum Jahreswechsel haben wir unabhängige Vermögensverwalter nach ihrer Einschätzung gefragt. Lothar Koch glaubt, dass aufgrund der Inflation neue Unternehmen alte an der Börse verdrängen. Anleger sollten die Pferde wechseln.
Lothar Koch, Leiter Portfoliomanagement der GSAM + Spee Asset Management AG in Krefeld.

Wie würden Sie das Jahr 2021 aus Anlegersicht zusammenfassen?

Lothar Koch: 2021 war für Anleger ein sehr gutes Anlagejahr. Zwar dürften wir die Jahresendrallye bereits gesehen haben. Zum Ende hin wurde es noch unruhig. Aber wer jetzt sein Gewinne ins Trockene geholt hat oder noch holt, wird sich nicht beklagen können.

Waren Sie von den Entwicklungen überrascht?

Koch: Die Börsen haben sich an die Corona-Pandemie mehr oder weniger gewöhnt. Erst die neue Omikron-Variante veränderte wieder die Situation. Vorher galt, dass die hohe Liquidität der Zentralbanken die Märkte treibt. Die Delta-Variante war eingepreist. Aktuell hohe Infektionzahlen und eine noch nicht einschätzbare Corona-Variante erhöhen die Unsicherheit.

Die Inflation und die Antwort der Notenbanken darauf ist derzeit ein großes Thema – wie bewerten Sie die Situation?

Koch: Die aufkommende Inflation ist keine Überraschung. Erstens, weil zu Beginn der Pandemie die Energiepreise, Nachfrage und Produktion zusammengebrochen waren und jetzt gesteigert nachgeholt werden. Das ist der klassische Basiseffekt. Zweitens, weil es ebenso pandemiebedingt Lieferkettenprobleme gibt. Dass lässt Unternehmen die Läger zusätzlich auffüllen, weil die eng getaktete Logistikkette in der globalisierten Wirtschaftswelt nicht reibungslos funktionierte, keine Versorgungssicherheit gegeben war.

Hinzu kommt, dass auch in den “Billiglohnländern” die Stundenlöhne gestiegen sind. Auch das verteuert die Preise für ein Produkt. Da die Notenbanken die Geldmenge massiv ausgeweitet haben und es Direktzahlungen an Unternehmen und Privatpersonen gab, können sich Kunden höhere Preise leisten. Einige Unternehmer haben die Gelegenheit genutzt, Margen zu steigern und Rabatte zu reduzieren. Inzwischen erkennen die Notenbanken, dass die Inflation nicht vorübergehend ist, sondern sich zu verfestigen droht. Für mich kommt das nicht überraschend. Deswegen werden die Notenbanken die Liquiditätsversorgung des Marktes reduzieren, wenn die Nachholeffekte abgearbeitet sind. Dann sind auch zur Eindämmung der Teuerung  Zinserhöhungen schneller möglich, als von vielen Marktteilnehmern erwartet. Diese sind aber sinnvoll.

Welche Schlüsse sollten Anleger aus der Situation ziehen?

Koch: Jahrelang haben wir kaum oder keine Inflation gehabt. Diese ist jetzt da. Damit hat sich der Charakter des Marktes verändert. Das hat zur Folge, dass andere Branchen als die bisherigen zu den Gewinnern gehören werden. Die sogenannte Sektor-Rotation ist bereits in vollem Gange. Anleger sollten das berücksichtigen und die Pferde wechseln.

Die Corona-Pandemie ist noch nicht überstanden. Wie lange wird dieses Thema die Märkte noch beeinflussen?

Koch: Noch sind keine Gewöhnungseffekte in der Covid Frage eingetreten. Aktuell reagiert der Markt auf die Meldungen zur Omikron wieder einmal Variante stark. Solange die Aktienmärkte auf die Meldungen in diesem Segment reagieren, wird uns die Pandemie beschäftigen.

Wie können sich Anleger aufstellen, die auch 2022 erfolgreich Vermögen aufbauen wollen?

Koch: Als Vermögensverwalter machen wir die Portfolien unserer Kunden jetzt inflationssicher. Wer zur Reduzierung seines Depotrisikos auf Anleihen setzt, sollte einmal über inflationsgesicherte Anleihen nachdenken. Ich erwarte für 2022 ein Szenario mit normal bis leicht höherer Inflationsrate. Dann werden klassische Value-Titel, also Unternehmen mit hoher Qualität, verhältnismäßig geringen Schulden und stabilen Erträgen, interessant sein. Wenn sie auch noch kontinuierlich eine gute Dividende ausschütten und auch steigende Preise beim Kunden durchsetzen können, dann hat man die richtigen Titel gefunden. Diese sind in der Lage, den von den Kunden gewünschten Inflationsausgleich zu sichern.

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