
China-Investments: Experten raten zum Abwarten

Frage: Regulierungsmaßnahmen und die Sorge um den Immobilienentwickler Evergrande belasten aktuell die Kurse chinesischer Unternehmen. Können Anleger unter den Umständen noch beruhigt in China investieren?
Frank Wieser: Derzeit können Chinainvestments warten. Die Regierung versucht einen schwierigen Spagat. Zum einen möchte sie einige überhitzte Teile der Volkswirtschaft „abkühlen“, zum anderen sollen dieses Maßnahmen ohne soziale Unruhen stattfinden. Solche Versuche, die Volkswirtschaft in ein gewisses Gleichgewicht zwischen Wachstum und gesellschaftspolitischer Verträglichkeit zu bringen hat es in China immer wieder gegeben.
Im Augenblick ist der Fall Evergrande aber besonders heikel, denn China hat sowohl Interesse daran, dass Immobilieneigentum geschaffen wird, kann aber andererseits völlig überzogene Preise nicht akzeptieren.
Anleger müssen sich deswegen auf eine monatelange Unsicherheitsphase einstellen, in der wir allerdings mitten drin sind. Es hat in den letzten Wochen schon verschiedentlich Eingriffe in die Wirtschaft gegeben. Bei dem Technologieriesen Tencent fanden mehrere Eingriffe statt. So musste Tencent beispielsweise bei der App WeChat eine Art registrierungsverbot für Neukunden aussprechen oder bei eine seiner Beteiligungen die Fahrer von Lieferdiensten besser bezahlen.
Solche Eingriffe verunsichern Investoren, weil sie nicht sicher sein können, welches Unternehmen als nächstes betroffen ist. Die Möglichkeit einer Fehlinvestition ist groß.
Frage: Wirkt sich die Unsicherheit Ihrer Ansicht nach weiterhin auf Gesamt-Asien oder sogar die weltweiten Börsen aus?
Wieser: Solche Eingriffe hat es immer wieder gegeben und möglicherweise ist eine so große Volkswirtschaft auch manchmal nicht anders zu steuern. Die Auswirkungen auf die Weltwirtschaft dürften überschaubar sein. Ein weltweites Krisenszenario ist eher unwahrscheinlich. Auswirkungen dürfte das Evergrande-Desaster allerdings auf die Wachstumszahlen der Volksrepublik haben.
Für gezielte Investitionen in chinesische Werte ist es noch zu früh, mutige Investoren können allerdings die weltweite Kursrückgänge zum Einstieg nutzen. Bevorzugte Märkte sind die USA und Europa.
Frage: Wie verfahren Sie mit Positionen, die Sie möglicherweise in China aufgebaut haben?
Wieser: Grundsätzlich sollte man immer einen gewissen Chinaanteil im Depot haben, ganz einfach deswegen, weil die Wachstumsraten hoch sind und die Perspektiven häufig besser als in Europa sind. Bestehende Positionen bleiben unverändert und sollten nicht verkauft werden. Für Zukäufe ist es noch zu früh.

Frage: Sehen Sie Sektoren oder auch Titel, an denen die Krise einfach abperlen dürfte?
Wieser: China reguliert besonders die großen Unternehmen. Ganz einfach deswegen, weil dort die gewünschten Effekte am schnellsten eintreten. Wenn Investoren in China kaufen möchten, bieten sich Aktienfonds an, die bewusst auf die zweite Reihe in China setzt.
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