Familienheim: Das sollten Sie beim Vererben beachten

Familienheim: Das sollten Sie beim Vererben beachten


Eine Immobilie vererben - wer Haus und Kinder hat, wird sich früher oder später Gedanken machen, was er hinterlässt. Wer soll das Erbe erhalten? Wie kann eine Immobilie gerecht auf mehrere Kinder aufgeteilt werden? Wie kann man einem Erbstreit vorbeugen? Finanzplaner Markus Richert hat im Interview einige Tipps dazu.
Finanzplaner bei der Portfolio Concept
Markus Richert ist Finanzplaner bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln.

Herr Richert, welche Gestaltungsmöglichkeiten haben Eltern von zwei Kindern, wenn sie das Familienheim nur einem Kind vermachen wollen, das gesamte Vermögen an die beiden Kinder aber gerecht verteilt werden soll?

Markus Richert: Ein vollständiger und individueller Finanzplan ist grundsätzlich der beste Einstieg in das Thema. Darin sind alle Vermögenswerte erfasst. Jedem Kind steht ein Freibetrag (Erbe oder Schenkung) in Höhe von 400.000 Euro zu. Es ist empfehlenswert, sich zusammenzusetzen und mit allen Beteiligten zu reden. Eine Immobilie kann einem Kind z.B. schon über Schenkung übertragen werden. Gleichzeitig behalten beide Eltern ein Niesbrauchrecht bis zum Tod.

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Das andere Kind kann dann mit anderen Vermögenswerten abgefunden werden. Sollten diese nicht vorhanden sein, wird das andere Kind vom beschenkten Kind mit seinem Anteil in bar ausbezahlt. Auf jeden Fall sollte die Regelung in Form eines Testamentes festgehalten werden.

Wenn Eltern im Testament das Eigenheim explizit nur einem Kind vermachen wollen, muss es seine Geschwister ja dann auszahlen. Kommt es in der Praxis zu Schwierigkeiten, wenn das Geld für die Auszahlung des Pflichtteils nicht ausreicht?

Richert: Das andere Kind hat auf jeden Fall seinen Pflichtteilsanspruch. Der Pflichtteilsanspruch ist ein Geldanspruch. Die Höhe des Pflichtteils beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Im Zweifel kann die Immobilie beliehen werden, um das andere Kind auszuzahlen.

Der Verkehrswert der Immobilie wird vom Finanzamt ermittelt. Ergibt es Sinn, von einem Experten ein eigenes Verkehrswertgutachten erstellen zu lassen?

Richert: Die Art und Weise, wie das Finanzamt den Verkehrswert bei Schenkung und Erbschaft und im Übrigen auch für die Grund­erwerbsteuer ermittelt, wird durch­aus kritisch gesehen. Niemand muss die Feststellung des Finanzamts hinnehmen. Es gibt die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung Einspruch gegen den Feststellungs­bescheid einzulegen und ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen vorzulegen. Auch der erzielte Kaufpreis gilt als Nachweis eines geringeren Wertes, wenn es innerhalb eines Jahres nach Erbschaft oder Schenkung zu einem Verkauf kommt.

Und was geschieht, wenn beide Kinder ein Gutachten erstellen lassen, die Gutachter aber zu unterschiedlichen Verkehrswerten kommen?

Richert: Dasselbe gilt, falls die Immobilie innerhalb eines Jahres vor Stichtag gekauft wurde. Einigen sich die Beteiligten nicht, geht der Streit vor Gericht. Ein weiteres vom Gericht bestelltes Gutachten klärt die Angelegenheit.

Welche Gestaltungsmöglichkeiten haben Eltern von zwei Kindern, wenn sie einem der Kinder möglichst wenig und auf keinen Fall das Familienheim vererben wollen?

Richert: Mittels Testamentes kann das Erbe zugeteilt werden. Einem Erben steht aber grundsätzlich der Pflichtanteil zu. Durch das Vererben von anderen Vermögenbestandteilen kann ein Ausgleich geschaffen werden. Auch können Vermögenwerte verschenkt werden. Nach 10 Jahren sind diese nicht mehr Teil der Erbmasse.

Ist es möglich, dass die Eltern von zwei Kindern die Immobilie zu Lebzeiten einem Kind schenken? Ist es korrekt, dass das 2. Kind dann nach zehn Jahren (in Bezug auf die Immobilie) leer ausgehen würde?

Richert: Das geht grundsätzlich. Wenn aber der Erblasser innerhalb von 10 Jahren stirbt, kann die Übertragung als vorgezogenes Erbe interpretiert werden. Die Eigentumsübertragung muss dann bei der Berechnung des Pflichtteils in der Erbschaft berücksichtigt werden. Je länger die Übertragung zurückliegt, desto geringer ist der Pflichtteil hinsichtlich der übertragenden Immobilie. Juristen sprechen davon, dass der Anspruch auf den Pflichtteil im Laufe der Jahre abnimmt. Liegt die Übertragung länger als zehn Jahre zurück, können die Geschwister keine Ansprüche mehr erheben.

Gilt die 10-Jahres-Frist auch dann noch, wenn ein Nießbrauchrecht vereinbart wurde?

Richert: Wird ein Nießbrauch vereinbart, setzt die 10-Jahres Frist erst ein, wenn die Nießrechte abgelaufen sind oder der Nießbraucher keinen Gebrauch mehr von diesen machen kann – beispielsweise, wenn der Nießbrauchsvertrag abläuft oder der Erblasser verstirbt.

Wie wird die Pflichtteilsergänzung berechnet? Wie dezimiert der Nießbrauch den Wert der Immobilie?

Richert: In einem ersten Schritt ermittelt das Finanzamt dabei den Jahreswert, den der Nießbrauch hat: die mit Nießbrauch beschwerte Wohnung = 12 x die gesparte Miete, die für eine vergleichbare Wohnung anzunehmen ist. Bei Vermietung = jährliche Mieteinnahmen (12 x verlangte Monatsmiete), jedoch maximal der Verkehrswert der Wohnung dividiert durch 18,6. Nach der Feststellung des Jahreswerts vom Nießbrauch ist die Berechnung an die Sterbetafeln gebunden, die das Statistische Bundesamt alle zwei Jahre neu herausgibt. In diesen ist festgehalten, wie hoch die Lebenserwartung (getrennt nach Geschlechtern) für einzelne Geburtsjahrgänge ist.

Mitunter verzichten Kinder freiwillig auf ihren Pflichtteilsanspruch, sofern sie eine Abfindung erhalten. Wie wird die Höhe am besten ermittelt?

Richert: Man setzt sich zusammen und überlegt, was der richtige finanzielle Ausgleich ist. Der Gesetzgeber hat den Pflichtteil festgelegt. Davon abweichend kann man sich einigen und zu einer vertraglichen Lösung kommen. Als Grundlage empfiehlt sich immer ein Finanzplan und das offene Gespräch mit allen Beteiligten.

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