
Vorsicht Greenwashing: Darauf kommt´s beim ETF - Kauf an
Frage: Wie nachhaltig sind ETFs wirklich: Kann der Inhalt immer halten, was die Verpackung verspricht?
Dyrk Vieten: Bei den regelmäßig eingesetzten physisch replizierenden ETFs wird ein Index vollständig und genau nach den Anteilen der einzelnen Werte an dem Index nachgebildet. Und damit setzen sich ESG-Investoren eben dem Risiko aus, Werte zu kaufen, die sie unter Nachhaltigkeitsaspekten überhaupt nicht wollen. Zwar sind die Strategien in der Regel gut gemeint. Durch die Struktur als Indexfonds lassen sie aber keine Individualisierung und aktive Entscheidung zu. Dadurch kann es zu Problemen bei der Nachhaltigkeitsausrichtung kommen.
Frage: Wie können Privatanleger erkennen, ob es sich nur um eine Marketingmasche, sogenanntes Greenwashing handelt, oder wirklich Nachhaltigkeit im ETF drin steckt?
Vieten: Der Blick auf die Produktbeschreibung reicht nicht aus. Hilfreich ist für Investoren der Nachweis, dass Manager mit einem führenden, auf Nachhaltigkeit spezialisierten Research-Haus zusammenzuarbeiten und sich auf diese Weise bei ihren Investmententscheidungen absichern können. Ein Beispiel dafür ist das auf Nachhaltigkeit spezialisierte Research-Haus ISS-oekom. Deren ESG-Analysen führen für die Anleger zu einer hohen Transparenz bei dem Nachhaltigkeitskonzept, um die Einhaltung der ESG-Kriterien bei allen Investmententscheidungen jederzeit nachvollziehen zu können. Das hilft bei der Prüfung, inwieweit Finanzprodukte tatsächlich nachhaltig sind.

Frage: Können Sie anhand von einem konkreten Beispiel Greenwashing bei einem ETF aufzeigen?
Vieten: Das Beispiel des Zahlungsdienstleisters Wirecard aus 2020 eignet sich dafür. Der ESG-orientierte Anleger, der beispielsweise einen typischen physisch replizierenden ETF auf den Dax erworben hatte, war automatisch in Wirecard investiert und hat damit nicht nur die Wertverluste mitgenommen, sondern auch gegen seine eigene Nachhaltigkeitsstrategie verstoßen. Denn aufgrund des passiven Indexinvestments hatten Anleger gar keine Möglichkeit, die Wirecard-Allokation zu umgehen und damit einen negativen Governance-Impact auf das Portfolio zu vermeiden. Ein anderes Beispiel ist ein sehr großer, internationaler ETF, der sich unter dem Aspekt der globalen Nachhaltigkeit vermarktet. Eine der Top-Positionen ist der Schweizer Lebensmittelkonzern Nestlé, der unter anderem immer wieder wegen Konflikten beim Thema Wasser auffällt. Der Wert passt damit eher weniger in eine Nachhaltigkeitsstrategie.
Frage: Sind aktive Fonds ETFs bei nachhaltigen Geldanlagen überlegen? Wenn ja, warum?
Vieten: Aufgrund der genannten Aspekte spricht viel dafür, auf aktiv gemanagte Konzepte zu setzen, die eine transparente ESG-Strategie vorweisen können. Damit erhalten Anleger die Sicherheit, dass ESG-Themen auch wirklich umgesetzt werden. Es kommt für Anleger darauf an, sich mit den zur Auswahl stehenden Produkten genau auseinanderzusetzen und zu bewerten, welchen Nachhaltigkeitseffekt man damit erwirkt und wie man sich individuell nachhaltig betätigen möchte. Das ist bei aktiv gemanagten Fonds wesentlich leichter. Aktive Fondsmanager konzentrieren uns auf die langfristig orientierte Auswahl von Einzeltiteln, die wirklich in die gewählte Nachhaltigkeitsstrategie passen. Gerade auch unter Risikomanagement-Gesichtspunkten punkten aktiv gemanagte Fonds, da sie nicht jeden Abschwung voll mitnehmen wie ein Indexfonds.
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