Anlagestrategie: Dividenden ersetzen keine gute Streuung

Anlagestrategie: Dividenden ersetzen keine gute Streuung


Wie können Anleger im Jahr 2022 am besten von Dividenden profitieren? Welche Unternehmen bieten die höchsten Dividenden? Wie sieht es mit Dividendenwerten weltweit aus? Besser Aktien kaufen oder Fonds bzw. ETFs? Welche Unternehmen, Branchen und Länder sind in Zukunft Interessant? Wir haben einige unabhängige Experten gefragt. Für den Krefelder Vermögensverwalter Andre Koppers ist nicht die Dividende, sondern die richtige Strategie und Mischung des Portfolios entscheidend.
Andre Koppers ist Geschäftsführer der Oberbanscheidt & Cie. Vermögensverwaltung

Welche Argumente sprechen gegen eine Dividendenstrategie?

Andre Koppers: Grundsätzlich keine. Wer aber zu fokussiert nur eine Strategie verfolgt, der nimmt das Risiko in Kauf mit dieser einseitigen Ausrichtung -zu mindestens phasenweise- falsch aufgestellt zu sein. Darum auch innerhalb der Strategien streuen.

Wie groß ist das Risiko, mit einer Dividendenstrategie in vielen „geprügelten“ Branchen wie Öl, Flugindustrie oder Banken zu landen? Wie problematisch ist es, dass reinen Dividendenjägern oft Techtitel fehlen?

Koppers: Das einige Branchen fehlen und andere dafür übergewichtet sind, verhindert das der Anleger die breite Marktentwicklung im Depot abbilden kann. Deshalb sollte man die Auswahl der jeweiligen Aktien auch mit größter Sorgfalt vornehmen oder einem Profi überlassen. Nur die gängigen Listen der gerade höchsten Dividendenrendite runterzukaufen ist da deutlich zu kurz gesprungen.

Welche Dividenden-Fonds/ETFs sind aus Ihrer Sicht empfehlenswert?

Koppers: Für die breite globale Ausrichtung halten wir den MSCI World Quality Dividend für sehr geeignet. Über 300 verschiedenen Unternehmen sind im Index. Neben der Dividendenrendite werden die Unternehmen auch anhand von Kennzahlen zur finanziellen Lage und nachhaltigen Dividendenzahlungen analysiert.

Ist die Dividende „der neue Zins“?

Koppers: Ganz bestimmt nicht! Auch wenn konservative Anlagen kaum Rendite abwerfen, ist lange nicht jeder Anleger für hohe Aktienquoten geeignet. Hier sollte man sich nicht zu sehr von der möglichen Rendite beeinflussen lassen. Anleihen nehmen eine wichtige Stoßdämpfer Funktion im Depot ein. Sie federn große Schwankungen im Depot ab und lassen Stressphasen an den Märkten besser aushalten. Dividenden sind also nicht der neue Zins, aber geschickt eingesetzt können Zins und Dividende eine attraktive Kombination darstellen.

Woran erkenne ich als Anleger einen dauerhaft guten Dividendentitel (“Dividendenaristokraten”)?

Koppers: Neben der Dividendenrendite sollten Anleger auf die Historie schauen. Wer in vergangenen Krisen oder sogar Kriegen über viele Jahrzehnte durchgängig gezahlt hat, wird dies mit einer guten Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft tun. Darüber hinaus sollte man sich anschauen, wie groß der Teil am Unternehmensgewinn ist, der ausgeschüttet wird. Kann das Unternehmen nach Zahlung an die Aktionäre noch genug Kapital für Rücklagen, Investitionen, Forschung und Wachstum bereithalten? Oder sind die Dividenden auf Kante genäht und belastet das Unternehmen.

Sind ständige Dividendenabschöpfungen nicht nachteilig, weil ohne Wiederanlage der „Zinseszinseffekt“ nicht richtig wirken kann?

Koppers: Das kommt stark darauf an, was das Unternehmen alternativ mit dem Kapital machen würde, wenn es keine Dividende zahlen würde. Liegt die eingesparte Dividendenzahlung wie bei vielen Tech-Riesen nur bergeweise stumpf auf den Konten und arbeitet nicht mit, so wird kein Mehrwert oder Zinseszinseffekt erzielt. Wird es für Rücklagen, Investitionen, Forschung und Wachstum oder wenigstens Aktienrückkäufe genutzt, kann es positiv sein.

Welchen Anteil machen Dividenden am Börsenerfolg aus?

Koppers: Viele Unternehmen aus den traditionellen defensiven Branchen haben eine hohe und stabile Dividendenpolitik. Hier es das defensive Geschäftsmodell (z.B. Nestle) welches in turbulenten Phasen etwas Ruhe im Depot verschafft. Dies hat aber wenig mit der Dividende als Zufluss aus der Aktienanlage zu tun. Nimmt man die Eurokrise 2011 hat der MSCI World ca. 20% verloren. Die Entsprechenden globalen Dividenden ETFs nur 12-15%. Beim Platzen der Internetblase im Jahr 2000 entstanden fast 60% Verluste im breiten Markt. Eine Dividendenausrichtung konnten Teile davon abwenden und verloren „nur“ 25 – 40 %.

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